Kritik zu Die Adern der Welt

© Pandora Film Verleih

Nach erfolgreichen Dokumentarfilmen (»Die Geschichte vom weinenden Kamel«) erzählt Bayambasuren Davaa von dem Alltag eines mongolischen Jungen zwischen Tradition und Moderne nun in fiktionaler Form

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Im Leben des zwölfjährigen Amra (Bat-Ireedui Batmunkh) können Tradition und Moderne scheinbar friedlich nebeneinander existieren. Tagsüber besucht er in einer kleinen Siedlung die Schule, starrt mit seinen Freunden auf Handydisplays, schaut YouTubevideos und träumt von einer Teilnahme an einem Songcontest im Fernsehen. Am Nachmittag kehrt er zu der elterlichen Jurte in der mongolischen Steppe zurück, hilft seiner Mutter Zaya (Enerel Tumen) mit der Ziegenherde, singt mit der Familie und begleitet seinen Vater Erdene (Yalalt Namsrai) zum Gebetsritual an den heiligen Kraftbaum. Auch Erdene vereint mühelos die beiden Leben: Tagsüber verkauft er den Käse seiner Frau in der Stadt und arbeitet als Automechaniker, zu Hause lebt er die Tradition. Sein ganzer Stolz ist ein selbst zusammengebautes Cabrio mit Mercedesstern.

Es scheint ein friedliches, unbeschwertes Leben im Einklang mit der Natur und den Traditionen zu sein, das Amra mit seiner Familie da führt. Doch es ist ein Leben, das bedroht ist. Internationale Konzerne wollen in der Steppe nach Gold schürfen, halten die Nomaden an, das Land gegen Entschädigungen zu verlassen. Einige haben das Angebot angenommen, andere arbeiten als illegale Bergarbeiter. Erdene aber wehrt sich gegen die Ausbeutung seines Landes. Doch dann geschieht ein tragischer Unfall und Arma muss einen Weg finden, mit seiner Trauer, seinen Träumen und auch seiner neuen Verantwortung für die Familie umzugehen. 

»Die Adern der Welt« ist das Spielfilmdebüt der 1971 in der Mongolei geborenen Regisseurin und Drehbuchautorin Byambasuren Davaa. Im Jahr 2000 war sie nach München gekommen und hatte dort an der Hochschule für Film und Fernsehen Dokumentarfilmregie studiert. Mit ihrer bezaubernden Doku »Die Geschichte vom weinenden Kamel« aus dem Jahr 2004 erhielt sie eine Nominierung für den Oscar. Schon darin beschäftigte sie sich mit den Traditionen ihrer Heimat. Nun sind es der Raubbau an ihrem Land und die Verdrängung der Nomaden. Es ist ein Aufschrei, eine Mahnung. 

Dafür schlägt die Filmemacherin einen sanften, unaufgeregten Ton an, den Kameramann Talal Khoury in Bildern voller poetischer Schönheit überträgt. In langen Einstellungen fängt er die Natur mit ihren Bewohnern ein. Das schönste Bild ist wohl jenes, das Amra und seine Mutter zeigt, der Blick aus der Dunkelheit der Jurte auf die beiden, Amra in Schuluniform, Zaya in traditioneller Tracht, im Hintergrund die zartgrüne Landschaft mit blassblauem Himmel. Ein Bild, das Amras Konflikte wunderschön schmerzhaft einfängt.

Doch zu allererst erzählt die deutsch-mongolische Koproduktion, manchmal ein wenig zu bedeutungsschwer und schablonenhaft, vom Alltag eines Zwölfjährigen, der in Teilen so ganz anders und dann doch wieder dem Bild europäischer Jugendlicher sehr ähnlich ist. Er eröffnet einen Blick in eine ferne Lebenswirklichkeit und sensibilisiert für den Umgang mit anderen Kulturen und deren Lebenswelten.

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