Kritik zu Altweibersommer

© Alpenrepublik

2025
Original-Titel: 
Altweibersommer
Filmstart in Deutschland: 
31.07.2025
L: 
94 Min
FSK: 
12

Schauspielerin Pia Hierzegger fühlt in ihrem Regiedebüt der eigenen Generation den Puls und schickt drei Freundinnen im besten Alter zum Campen in die Steiermark und damit auf einen tragikomischen Selbstfindungstrip

Bewertung: 4
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Den Titel muss man lakonisch mehrdeutig lesen: Drei nicht mehr ganz junge österreichische Frauen, respektive »alte Weiber«, fahren im Spätsommer, wie jedes Jahr seit ihren gemeinsamen WG-Zeiten, im klapprigen roten Kombi auf einen nur schwach frequentierten und notdürftig instand gehaltenen Campingplatz in der verregneten Steiermark. Mit dem Sound der kratzigen Stimmen von Lene Lovich und Nina Hagen, die vom Kassettendeck ertönen, wird das Alter des Trios verortet. Miteinander verbunden sind die drei Frauen durch eine in vielen Jahren gewachsene Vertrautheit. Ein wenig voneinander entfremdet haben sie sich durch allerlei Lebensfrust: Midlife-Crisis und Menopause im Um-die-50-Coming-of-Age-Modus. Coming of Age hier ganz wortwörtlich, im Sinne von »älter werden«.

Sie sind keine strahlenden Kinoheldinnen, sondern einfach nur ganz normale Frauen, deren Leben gerade nicht so läuft, wie sie es sich wünschen: Am härtesten hat es Elli (die Regisseurin und Drehbuchautorin Pia Hierzegger auch vor der Kamera) getroffen, die gerade nach der Brustkrebsdiagnose die Chemo hinter sich gebracht hat und in jedem Gespräch, sei es in Gegenwart der Freundinnen oder im Telefonat mit ihrer Tochter, ihre Verzagtheit mit fatalistischen Bemerkungen über den nahenden Tod überspielt. Die erfolglos in die Jahre gekommene Schauspielerin Isabella (Diana Amft) ringt mit einer Serie von Affären mit verheirateten Männern, die immer nach demselben unbefriedigenden Muster verlaufen. Und Astrid (Ursula Strauss), die als Einzige in einer Beziehung steckt, lenkt sich mit umtriebigen Organisationsmanövern für das Trio und gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung vom Lebensleerlauf ab. Alle drei haben Grund, ein wenig missmutig zu sein, womit sich die Stimmungslage unter den Frauen an die Trostlosigkeit des leeren Campingplatzes anpasst und ans mürrische Auftreten seines Verwalters, dem Josef Hader, Lebensgefährte der Regisseurin, in wenigen Szenen die ihm eigene Mischung aus kratzbürstiger Muffigkeit und depressiver Resignation verleiht.

Drei »alte Weiber« in schwierigen Verhältnissen, solche Erzählungen müssen Frauen tendenziell schon selbst in die Hand nehmen – Pia Hierzegger tut es mit einer unsentimentalen Mischung aus Sanftheit und Präzision, aus Komik und Tragik. Ein paar kindliche Albernheiten im Umgang mit dem Pupskissen, das Astrids Tochter im Auto hinterlassen hat, treffen auf einen sehr genauen Blick für die sanfte Entwicklung der Charaktere und die Schwingungen des Zeitgeistes. Alle drei stecken fest, bis der unverhohlen reaktionäre deutsche Dauercamper Christian (Thomas Loibl) von einem Ast erschlagen wird und Astrid eine in seinem Wohnwagen versteckte Dose mit Goldmünzen an sich nimmt. Aber auch das Licht und der Luxus am Lido in Venedig bringen keine schnelle Erlösung, erst einige Pannen und Missgeschicke, Streitereien und Selbstfindungsmomente später folgt der äußeren Bewegung auch eine innere. 

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