Netflix: »The Makanai«

»The Makanai: Cooking for the Maiko House« (Staffel 1, 2023). © Netflix

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Exklusive Unterhaltung

Ein Ausflug nach Kyoto und der Anblick einer anmutigen Geiko hat die beiden Teenager Kiyo und Sumire so bezaubert, dass sie in die pittoreske Stadt ziehen, um eine Ausbildung in einem sogenannten Saku-Haus zu machen. Geiko ist der in Kyoto gebräuchliche Ausdruck für Geisha, ein seit dem 16. Jahrhundert existierender Beruf. Gab es noch in den 1920iger Jahren 80 000 Geishas, so wird ihre heutige Zahl auf 1 000 geschätzt. Die Serie beschreibt aus unkonventioneller Perspektive eine gelebte, jedoch gefährdete Tradition und ihre Einbettung in das altertümliche Kyoto.

Die beiden Freundinnen ziehen in ein Internat im Viertel Gion, wo eine Handvoll Mädchen eine Lehre als Maiko absolvieren, in der sie in verschiedenen Disziplinen unterrichtet werden, bevor sie zur Geiko aufsteigen können. Sumire erweist sich als hochtalentierte, graziöse Tänzerin, der eine große Zukunft vorhergesagt wird. Im Zentrum steht aber ihre Freundin Kiyo, die sich als arg tapsig erweist und der nahegelegt wird, eine andere Karriere anzustreben. Dann aber fällt die Hausköchin krankheitsbedingt aus. Und Kiyo, die jeden Tag mit der Frage begann »Was gibt’s heute zu essen?«, darf ihren Posten übernehmen. Kochen hat sie bei ihrer Oma im nordjapanischen Aomori gelernt. So wird das fröhliche Mädchen zur »Makanai«, die hingebungsvoll die Bewohnerinnen umsorgt. Die Küche wird zum Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Flirts, Elternbesuche, wehmütige Erinnerungen: Kiyos liebevoll angerichtetes Essen macht jedes Problem leichter verdaulich.

Regisseur Hirokazu Koreeda, mehrfach preisgekrönt u. a. für die Filme »Shoplifters« und »Unsere kleine Schwester«, in denen Menschen in Ersatzfamilien zusammenglucken, kreiert er auch in seiner ersten Serie einen Hort voll magischer Nestwärme. Im Saku-Haus mit seinem diffusen, durch papierene Schiebetüren gefilterten Licht scheint die Zeit stillzustehen. Kiyos Bewegungen beim Schnippeln und Grillen sind so behutsam, geradezu sediert, dass Küchen-Zampanos die Krise kriegen würden. Die Kunst Kore-edas besteht in seiner virtuosen Art, Widersprüche zu vermählen und aus der meditativen Beobachtung von Dingen und Menschen eine überzeitliche Weisheit zu destillieren. Es ist eine Welt ohne Zynismus, und Kiyo ist in ihrer Gutherzigkeit kein Objekt des Spottes, sondern eine Inspiration. Etwa für die schöne Momoko, die zwischen ihrem Status als Star-Geisha und einer möglichen Heirat hadert, sich vom Tanzen durch das Herumlümmeln auf dem Sofa und dem Anschauen von Horrorfilmen erholt. Es zeigt sich, dass die scheinbar auf unterwürfiges Verhalten geeichten Mädchen genau wissen, was sie wollen.

Was die Geisha-Profession betrifft, so hat sie seit geraumer Zeit schon auch einen anrüchigen Ruf. In der Serie will ein Vater, der befürchtet, dass seine Tochter von betrunkenen Männern angegrabscht wird, seiner Tochter die Ausbildung verbieten, wird jedoch umgestimmt. Gezeigt wird, wie die Frauen auf Privatbanketten auftreten, wobei die Maikos anfangs für gute Stimmung sorgen müssen und dabei durchaus an Animierdamen erinnern. Dann folgt der Auftritt der Geikos, die so etwas wie ein exklusives Darstellerinnenensemble zu sein scheinen, das, in kostbare Gewänder gewickelt, nach strenger Etikette zeremonielle Tänze mit Musikbegleitung bestreitet.

Doch dies ist kein Erklärfilm, und so ist man als westlicher Zuschauer oft überfordert. Zugleich ist es erfrischend, das Koreeda auch beim Zeigen der ausgefeilten Rituale beim Schminken, Frisieren, und bei der unübersehbaren Anzahl von Schreinen, vor denen die Frauen beten, keine Konzessionen an ein unwissendes Publikum macht. Die kulturelle Übersetzungsarbeit muss man selbst leisten, sich einen Reim auf die Gleichzeitigkeit von Hausgöttern, im Kimono trippelnden Geikos und der japanischen Hypermoderne machen. So nah und doch so fremd ist dieses Universum vor allem ästhetisch faszinierend.

OmeU-Trailer

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich bin eigentlich kein Fan von Serien, und das Angebot auf Netflix erschlägt mich, sodass ich diesen Dienst kaum nutze. Umso mehr bin ich für diesen Tipp dankbar, ich habe die Serie sehr genossen. Es ist wahr, die Liebe von Kiyo zum Kochen und ihr Wunsch, anderen damit Freude zu bereiten, ist einfach himmlisch anzuschauen. Die innige Freundschaft zwischen ihr und Sumire ist ebenfalls wunderbar dargestellt. Ich hab eine Menge Taschentücher verbraucht ... Ich hatte anfangs die englische Synchronisation gesehen, aber schnell zur Originalversion mit englischen Untertiteln gewechselt, die japanische Sprachmelodie ist einfach schön.

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