Apple TV+: »Slow Horses« Staffel 2

»Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb« (Staffel 2, 2022). © Apple TV+

»Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb« (Staffel 2, 2022). © Apple TV+

Es beginnt mit einem Herzinfarkt. Den erleidet ein ehemaliger britischer Geheimagent, als er einem anderen Mann durch London folgt. Kein Tod eines Geheimagenten sollte jedoch als natürlich abgetan werden, weder ein Herzinfarkt noch ein Verkehrsunfall, das lernt der Zuschauer in der zweiten Staffel dieser Serie.

»Slow Horses« ist die abschätzige Bezeichnung für ehemalige Mitarbeiter des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, die in die engen Büroräume des Slough House verbannnt wurden, nachdem sie Mist gebaut haben – etwa geheime Dokumente in der U-Bahn liegen ließen oder ihren Vorgesetzten schlugen. Letzteres trifft auf Shirley zu, ebenso neu im Slough House wie Marcus, den seine Spielsucht hierhin brachte. Ihr Chef ist Jackson Lamb, der für seine Mitarbeiter wenig Sympathien zu empfinden scheint. Jedenfalls putzt er sie regelmäßig herunter, wenn er ihnen Anweisungen gibt.

»They are a bunch of fucking losers – but they are my losers.« Die Äußerung von Jackson Lamb aus der ersten Staffel gewinnt diesmal eine etwas andere Bedeutung, wenn Jackson nicht nur mit hochgelegten Beinen hinter seinem Schreibtisch döst, sondern selber auf den Straßen der britischen Metropole aktiv wird. Was damit zu tun hat, dass der ehemalige Agent Dickie Bow (ein schöner Kurzauftritt von Phil Davis), der am Anfang starb, jemand war, mit dem er zusammengearbeitet hatte. Die letzte Nachricht, die er vor seinem Tod hinterlassen hat, lautet 'Cicada', Codewort für eine Operation, bei der russische 'Schläfer'-Agenten in Großbritannien installiert wurden. Bislang wurde das als eine Ausrede des Toten abgetan, dafür, dass er sich kurz vor dem Mauerfall in Berlin einfach besoffen hatte, aber stets behauptet hatte, er sei damals von den Russen entführt worden. Die Spur führt also zurück in die Zeiten des Kalten Krieges und zu einem russischen Überläufer, der vielleicht immer noch im Geschäft ist. Und sollte es in der englischen Provinz tatsächlich noch einen russischen 'Sleeper'-Agenten geben, dessen Reaktivierung kurz bevorsteht?

War die erste Staffel durch die Todesdrohung gegen einen (von einer Gruppe gewaltbereiter Nationalisten) entführten pakistanischen Studenten von vornherein als Wettlauf gegen die Zeit angelegt, so wird die drohende Gefahr hier erst zur Mitte der Staffel sichtbar. Bis dahin gehen die Slow Horses dem Tod von Dickie Bow nach, den der MI5 längst als normalen Herzinfarkt abgetan hat. Schon erstaunlich, wie viele Informationen sich der in Großbritannien weit verbreiteten Kameraüberwachung öffentlicher Orte entnehmen lassen. Aber am Ende muss selbst der dafür verantwortliche Computerexperte Roddy Ho die Sicherheit seines Arbeitsplatzes verlassen und draußen das Unheil aufhalten, wie auch Jackson Lambs Sekretärin Catherine Standish eines Tages in einer Kneipe einem potenziellen Informanten gegenübersitzt und ihn zu einem Schachspiel herausfordert, bei dem einiges auf dem Spiel steht.

Die Rechercheergebnisse dieser Truppe von misfits können sogar Diana Taverner, die stellvertretende MI5-Chefin überzeugen – sie ist Jackson Lamb und seinen Mitarbeitern um einiges aufgeschlossener als in Staffel 1.

Unterdessen macht 'Spider' Webb, wahrscheinlich verantwortlich für die Degradierung von River Cartwright zu einem der Slow Horses (in Staffel 1), seinem Ruf als karrieresüchtiger Intrigant einmal mehr Ehre, als er ein geheimes Treffen seiner Chefin Diana mit einem russischen Oligarchen in die Wege leitet und dafür mit Louisa und Min zwei der Slow Horses engagiert um für die Sicherheit zu sorgen. Der Oligarch könnte der nächste russische Premier werden und das könnte auch Taverners Karriere befördern. Doch dann kommt vieles ganz anders...

Auch die Ereignisse in Staffel 2 sind wiederum konzentriert auf wenige Tage, Bingewatching ist diesmal allerdings erst ab dem 30. Dezember möglich, wenn die sechste und letzte Folge ausgestrahlt wird. Staffel 3 der Serie ist mittlerweile abgedreht, wer nicht warten will um zu erfahren, wie es mit den Beteiligen weitergeht, muss zur literarischen Vorlage greifen. Autor Mick Herron hat neben acht Slow Horses-Romanen mehrere Kurzromane sowie eine Reihe von 'interludes' genannten Kurzgeschichten veröffentlicht, die jüngste, eine 64seitige Weihnachtsgeschichte mit dem Titel »Standing by the Wall«, ist Anfang November erschienen. Die deutsche Ausgabe hinkt ein wenig hinterher, bei Diogenes ist in diesem Jahr der fünfte Band erschienen, weitere sollen in jährlichem Abstand folgen.

OV-Trailer

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