Mediathek: »The Drag and Us«

»The Drag and Us« (Serie, 2021). © ZDF/Walter Wehner

»The Drag and Us« (Serie, 2021). © ZDF/Walter Wehner

Lachen wie in den Neunzigern

Keine Frage, es ist sehr erfreulich (und überfällig), dass die Öffentlich-Rechtlichen endlich mehr über den heterosexuellen Tellerrand blicken und sich an queere Geschichten wagen. »All You Need« und »Loving Her« waren kürzlich zwar Produktionen rein für die Mediatheksauswertung (und wurden linear dann nur en bloc auf Nischensendern gezeigt), dafür aber erfreulich gelungen. Und nun folgt mit »The Drag and Us« gleich noch eine weitere Serie mit LGBTQ-Bezug (und gleichem Ausstrahlungskonzept).

Der Plot ist schnell erzählt. Franziska (Paula Paul) hat einen eigenen Schlossereibetrieb und ist alleinerziehende Mutter zweier pubertierender Söhne. Der nerdige Freddy (Marwin Haase) ist eifriger Videoblogger und kommt als 12-Jähriger gerade erst in die Pubertät, während der 15-jährige Nikki (Frederic Balonier) vor allem Mädchen im Kopf hat und sich gern um die Haushaltspflichten drückt. Als er für einen heimlichen Trip mit der Freundin dringend ein paar Hundert Euro braucht, vermietet er spontan sein Kinderzimmer unter. Natürlich ohne Absprache mit der Mutter. Und ohne zu wissen, dass mit Christian (Ralph Kinkel) ein selbstbewusst schwuler junger Mann einzieht, der auch sein Drag-Queen-Alter-Ego Cathérine mitbringt.

Bei »The Drag and Us« handelt es sich, die Prämisse lässt es erahnen, nicht um den Versuch, authentisch queere Alltagsrealitäten abzubilden, sondern um eine klassische Sitcom. Dagegen ist im Prinzip rein gar nichts einzuwenden, schließlich ist es kein Geheimnis, wie smart, innovativ und natürlich vor allem witzig es in diesem Genre zugehen kann. Doch leider ist die von Gabriele M. Walther produzierte und gemeinsam mit Komiker Tom Gerhardt und Filmemacher Martin Duffy erdachte Serie nichts von alledem. Die Studiokulissen sehen billiger aus als in jeder Daily Soap, dazu kommen Lacher aus der Konserve, wie man sie seit den 90ern nicht mehr gehört hat. Von ungefähr damals stammt wohl auch das Bild, das die Macher:innen von Drag Queens haben: Cathérine jedenfalls ist einfach nur schrill und laut und hört gefühlt von früh bis spät Gloria Gaynor. Hauptproblem der Serie ist aber ohnehin, dass sich eigentlich nirgends auch nur ein einziger zündender Gag finden lässt. Dass weder die Schauspieler:innen noch die Regie von Franziska Meyer Price (»Berlin, Berlin«) ein Händchen für komödiantisches Timing zu haben scheinen, könnte man mit viel gutem Willen den unterirdischen Drehbüchern in die Schuhe schieben. Womöglich erweist man ihnen damit aber auch zu viel der Ehre.

Immer wieder ist »The Drag and Us« übrigens nicht nur hochnotpeinlich, sondern auch richtig ärgerlich. Der Sexismus und die Homophobie von Teenager Nikki nämlich werden zwar dezent als etwas markiert, das es im Verlauf der Serie zu beheben gilt. Darüber lachen soll man aber gefälligst trotzdem. Lange Rede, kurzer Sinn: Wer gar nicht erst einschaltet, erspart sich vieles.

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