Kritik zu Good News
Kammerspiel im südostasiatischen Setting, das wenig über moralische Dilemmata im Journalismus oder die Psyche des Protagonisten verrät
Journalist Leo (Ilja Stahl) ist in Thailand, um eine exklusive Reportage über im Dschungel agierende Rebellen zu schreiben. Damit könnte er endlich an länger zurückliegende Erfolge anknüpfen, aber die Recherche stockt. Er kommt nicht weiter, kann keinen direkten Kontakt zu den Rebellen herstellen. Das Geld geht ihm aus, die Redaktion sitzt ihm im Nacken, seine wütende Frau hat er mit der kleinen Tochter in Berlin zurückgelassen. Unter diesem Druck von allen Seiten erfindet Leo kurzerhand eine Geschichte, um Zeit zu gewinnen. Zwei Tage später steht jedoch unerwartet Fotograf Julian (Dennis Scheuermann) vor ihm und will im Auftrag der Redaktion Fotos von Leos Kontaktpersonen für den Artikel machen.
Die Handlung von »Good News« erinnert zunächst vage an den Skandal um den Journalisten Claas Relotius, ist aber wie eine kammerspielartige Charakterstudie im südostasiatischen Setting angelegt. Die Bildgestaltung in Schwarz-Weiß verhindert dabei jegliche Exotisierung. Regisseur Hannes Schilling, der mit »Good News« seinen Abschlussfilm an der Filmuniversität Konrad Wolf vorlegte und dafür 2024 mit dem Max Ophüls Preis für den besten gesellschaftlich relevanten Film ausgezeichnet wurde, traut sich außerdem was, indem er einen ganz und gar unsympathischen Protagonisten ins Zentrum seiner Geschichte stellt. Druck oder die ethischen Dilemmata, denen Journalist*innen ausgesetzt sind, werden hier nur gestreift.
Denn dass die Menschen vor Ort Leo nicht trauen, liegt nicht nur daran, dass er ein fremder weißer Journalist ist. Ziemlich zu Beginn, da wissen wir noch gar nicht, wohin die Reise geht, sitzt er mit Marwan (Sabree Matming) – einem Koch, der Englisch spricht und ihm gelegentlich geholfen hat – am Strand und lügt ihm vor, wie einfach es sei, in Deutschland ein neues Leben anzufangen. Er solle doch ein Restaurant eröffnen, dafür bekäme er leicht einen Kredit, seine Frau und seine Tochter könne er mitnehmen und Deutsch brauche er dafür nicht zu lernen. Leo baut diese Lüge und auch den Druck auf Marwan aus, versucht, ihn mit Geld zu ködern, um an die Rebellen heranzukommen. Dabei wirkt er immer verzweifelter. Mitleid kommt da nur bedingt auf.
Beruflich agiert Leo allerdings so plump und unsensibel, dass es beinah unglaubwürdig ist. Ob er mit dieser Strategie wirklich etwas erreichen oder mit immer neuen Lügen bei Fotograf Julian nur Zeit schinden will, bleibt unklar. Die Figur Julians ist selbst etwas zu nah am Klischee. Eben erzählt er noch von seiner Vergangenheit im Knast, wenig später tritt er als gewalttätiger Macker gegenüber Leo auf. Der einzige Sympathieträger ist Marwan, dessen stets skeptischer Blick auf Leo unsere Skepsis spiegelt. Wenn die Handlung gegen Ende tiefer in den Dschungel führt und es doch zu einem unerwarteten Kontakt mit den Rebellen kommt, entfaltet die Inszenierung im dichten Blattwerk allerdings spannenden Nervenkitzel. Ein Psychogramm, bei dem wir Einblick in Leos Denken oder Seele erhalten und verstehen, wie er tickt, ist »Good News« aber nicht.
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