Apple TV+: »Stiller & Meara: Nothing Is Lost«
Der Begriff des Nepo-Babys war noch gar nicht erfunden, da war Ben Stiller längst eines. Seine emmynominierten Eltern Jerry Stiller und Anne Meara wurden in den 1960er- und 1970er-Jahren als Comedy-Duo mit Auftritten in Fernsehshows wie der von Ed Sullivan bekannt, bevor er Jahre später dank »Seinfeld« und »King of Queens« neue Fans begeisterte und sie Gastrollen in »Sex and the City« oder »Will & Grace« übernahm. Daraus, dass er seinen eigenen Einstieg auch ihrem Einfluss und ihren Kontakten verdankte, machte der Schauspieler und Regisseur nie einen Hehl.
Der Gedanke, den beiden mit »Stiller & Meara: Nothing Is Lost« ein filmisches Denkmal zu setzen, kam Stiller mit Beginn der Corona-Pandemie 2020, als fünf Jahre nach dem Tod seiner Mutter auch sein Vater verstarb. Gemeinsam mit seiner Schwester Amy räumte er das Apartment der beiden in Manhattan aus und wurde dabei nicht nur gewahr, dass Jerry Stiller praktisch nichts weggeschmissen hatte (selbst Verrisse der Filme seines Sohnes fanden sich in seinen Ordnern), sondern auch daran erinnert, dass dank schier endloser Ton- und Videoaufnahmen weite Teile des Familienalltags für die Ewigkeit festgehalten waren.
In vieler Hinsicht ist »Stiller & Meara: Nothing Is Lost« nun ein Promidokumentarfilm, der den Erwartungen entspricht. Neben den Privataufnahmen macht klassisches Archivmaterial einen Großteil des Films aus: wunderbare Fernsehausschnitte etwa, die deutlich machen, was die sich aus ihren eigenen Biografien speisende Comedy des jüdisch-katholischen Paars Stiller & Meara ausmachte. Aber auch, was es für die beiden bedeutete, dass ihnen gewisse Bekanntheitsgrade und berufliche Erfolge die längste Zeit ihrer Karriere über verwehrt blieben – woran er deutlich mehr zu knabbern hatte als sie.
So wie Jerry und Anne ihn und Amy schon in Kindheitstagen in ihre Arbeit und damit auch in öffentliche Auftritte integrierten, so sehr bringt Stiller (der den beiden seinerseits oft Rollen in seinen Filmen zuschanzte) sich nun auch selbst in »Stiller & Meara: Nothing Is Lost« ein. Mit seiner Schwester, aber auch mit Ehefrau Christine Taylor sowie seinen beiden inzwischen erwachsenen Kindern Ella und Quinlin spricht er nicht nur über das Leben seiner Eltern, sondern auch über eigene Kindheitserinnerungen – und nicht zuletzt darüber, wie seine Herkunft und die damit einhergehenden Erfahrungen ihn – im Guten wie im Schlechten – geprägt haben, sowohl im Umgang mit Ruhm und Erfolg wie auch als Ehemann und Vater.
Das Ergebnis ist ein erstaunlich selbstkritischer und ungemein persönlicher Dokumentarfilm, der zum Glück nie zu eitler Nabelschau verkommt. Stattdessen gelingt es Stiller auf humorvoll-kurzweilige und liebevolle Weise, sich gleichzeitig vor zwei Showbiz-Urgesteinen aus der zweiten Reihe zu verneigen und nebenbei die eigene Familie zu porträtieren. Im immer üppiger wuchernden Dickicht der biografischen Promidokus erweist sich dieser Ansatz als erfreuliche Ausnahmeerscheinung.
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