Starzplay: »The Girlfriend Experience« Staffel 3

»The Girlfriend Experience« (Staffel 3, 2021). © Ed Miller / Aimee Spinks

»The Girlfriend Experience« (Staffel 3, 2021). © Ed Miller / Aimee Spinks

Sexploitation

Eine der neuen, aber noch wenig analysierten Formen, die durch den Serienboom der letzten Jahrzehnte populär wurden, ist die Anthology Series: Jede Staffel eine in sich abgeschlossene Erzählung; manchmal, wie im Fall von Ryan Murphys »American Horror Story« mit dem selben Stamm von Schauspielern in immer wieder neuen Handlungsorten und -zeiten, manchmal, wie im Fall von »True Detective«, durch kaum mehr als das Genre miteineinander verbunden. Und manchmal, wie im Fall von »The Girlfriend Experience«, erfordert die Beschreibung des Zusammenhangs im Grunde schon eine Interpretation: So spielt zwar Prostitution in allen drei Staffeln der von Steven Soderberghs gleichnamigen Spielfilm inspirierten Serie eine Rolle, aber mit der Angabe, dass die Serie davon handelt, läge man falsch. 

Die erste Staffel zeigte mit der von Riley Keough gespielten Christine eine junge Frau, die sich zwischen Selbstbehauptung und Selbstbeobachtung verliert, wobei in der sterilen Atmosphäre von Büros, Hotels und Restaurants sich eine Parabel über die Entmenschlichung des Neoliberalismus entfaltete. Für die zweite Staffel teilten sich die Autoren Lodge Kerrigan und Amy Seimetz auf, um zwei Handlungsstränge über Frauen, Macht und Sex zu schreiben, die weder stilistisch noch atmosphärisch zusammenkamen. So gemischt der Eindruck war, den die Staffel hinterließ, so nachhaltig prägte sich das Anliegen ein, von Sex zu erzählen, ohne die gängigen Muster zu bedienen: keine soft-pornografischen Bilder, aber auch kein ratgeberhafter Naturalismus, keine »erotischen Liebesgeschichten«, aber auch keine moralischen Erzählungen über die Käuflichkeit von Gefühlen. 

Dass es im emphatischen Sinn um die »Erfahrung« geht, scheinen nun die ersten Folgen der neuen Staffel zu belegen. Julia Goldani Telles (»The Affair«) spielt Iris, eine begabte junge Frau mit neurowissenschaftlichem Hintergrund, die von einer Tech-Firma nach London abgeworben wird. Dort widmet sie sich dem Aufbau dessen, was Serien wie »Black Mirror«, »The One« oder »Soulmates« in ihren Sci-Fi-Visionen als Wirklichkeit setzen: Sie arbeitet an einer Software, die menschliche Anziehung vorhersagen soll. Noch tappt ihre Firma im Dunkeln, aber sie verfügt ganz offenbar über jede Menge Daten, die sie zur Analyse nützen können. Trotzdem sammelt Iris nächtens als Escortdame eines mysteriösen Dienstes weiteres Material. In ihren diskreten Rendezvous mit prominenten Männern muss sie mit viel Intuition und Improvisationsbereitschaft vorhersehen, was die anspruchsvollen Kunden so von ihr wollen. 

Regie und Buch liegen diesmal in der Hand der deutschen Regisseurin und UdK-Absolventin Anja Marquardt (»She's Lost Control«); einer der Prominenten wird von Oliver Masucci verkörpert. Die eisige Anonymität der spätkapitalistischen Bürowelt bestimmt auch in der neuen Staffel die Atmosphäre, aber zugleich verspricht das Tech-Setting eine willkommene Aktualisierung des Themas.

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