Settling the Score: David Arnold und Michael Giacchino bekriegen sich im Konzertsaal

 »Star Trek« (2009). © Paramount Pictures

»Star Trek« (2009). © Paramount Pictures

Showdown der Filmmusik. Am 18. Oktober 2019 wird die Londoner Royal Albert Hall Austragungsort für das kreative Kräftemessen zweier Schwergewichte der zeitgenössischen Filmmusik: David Arnold (»Sherlock«) und Michael Giacchino (»Star Trek«)

Nicht noch ein Filmmusik-Konzert? Dieses hier ist anders. Settling the Score. David Arnold vs Michael Giacchino stellt nicht nur das musikalische Talent der beiden Ehrengäste unter Beweis, sondern auch deren Einfallsreichtum und spritzigen Sinn für Humor. Die augenzwinkernde Beschreibung des »epischen Events« liest sich wie die Ankündigung eines Boxkampfes. Versprochen wird ein Abend voller Filmmusik, Storytelling, geistreichen Spielchen und neckischer Rivalität. In Anwesenheit der Kontrahenten präsentiert Dirigent Gavin Greenaway und das Royal Philharmonic Concert Orchestra Highlights aus dem breiten Repertoire der Komponisten, darunter Auszüge aus den Scores zu »Die Unglaublichen«, »Stargate«, »Star Trek«, »James Bond«, »Rogue One: A Star Wars Story«, »Sherlock« und vielem mehr.

Spock vs. Sherlock

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Kontrahenten. In der linken Ecke ist Michael Giacchino. Angefangen als Komponist für Videospiele (»Medal of Honor«), machte Giacchino durch seine fruchtbare Zusammenarbeit mit Regisseur J.J. Abrams auf sich aufmerksam, dessen Karriere er von dessen TV-Anfängen (»Alias«, »Lost«) bis zu den großen Kinoerfolgen (»Mission: Impossible III«, »Star Trek«) musikalisch begleitet hat. Für das Animationsstudio Pixar hat Giacchino sieben Filme vertont, darunter »Ratatouille«, »Oben« und »Coco«. Der nostalgisch-rührende Score zu »Oben« brachte dem Komponisten zwei Grammys, einen Golden Globe und einen Oscar ein. Derzeit ist er im Marvel-Universum unterwegs und wird mit »Spider-Man: Far from Home« seine neueste Arbeit dieses Jahr präsentieren.

In der rechten Ecke wartet David Arnold. Der gebürtige Engländer genießt klaren Heimvorteil. Arnold lebt in London und war schon häufiger in der Royal Albert Hall zu hören, u.a. mit einer Live-Vertonung seines Scores zu »Casino Royale«. Insgesamt schrieb Arnold von »Der Morgen stirbt nie« bis »Ein Quantum Trost« die Musik zu fünf Bond-Filmen. Wie auch Giacchino ist er dem Science-Fiction-Genre nicht fremd. Seine Musik zu Roland Emmerichs »Stargate« öffnete ihm das Tor zu Hollywood, dem er mit »Independence Day« und »Godzilla« die Kraft des Orchesters lehrte. Neben gelegentlichen Ausflügen in die Traumfabrik ist Arnold in seiner Heimat bekannt für seine Musik zu britischen Kult-Serien wie »Little Britain« und »Sherlock«. Für Letzteres gewann er zusammen mit Michael Price einen Emmy Award. Sein aktuellster Coup ist die Musik zur neuen TV-Sensation »Good Omens«

»Die Unglaublichen 2« (2018)

Auf dem zweiten Blick sind die zwei Konkurrenten gar nicht so unterschiedlich. Beide sind ausgewiesene Filmmusik-Geeks. Settling the Score ist ein Krieg der Popkulturen. Der selbsternannte Nerdkomponist Giacchino hat sich einen Namen gemacht als Experte für die Neuvertonung beliebter Blockbuster-Reihen wie »Star Trek«, »Jurassic World« und »Planet der Affen«. In diesen Scores schafft er die perfekte Balance zwischen Hommage und Eigenkreation. Bond-Fan Arnold setzte die musikalische Tradition von Englands beliebtesten Geheimagenten fort. Unter den vielen (film-)musikalischen Einflüssen bildet John Barry darüber hinaus einen gemeinsamen Nenner. Für seinen ersten Pixar-Score zu »Die Unglaublichen« orientierte sich Giacchino am fetzigen 1970er Jahre Big-Band-Stil des Altmeisters, der sogar ursprünglich den Superhelden-Animationsfilm vertonen sollte. 1997 produzierte Arnold ein Musikalbum, bei dem er klassische Bond-Songs mit namenhaften Künstlern wie Jarvis Cocker, Chrissie Hynde und Iggy Pop neu interpretierte. Dies imponierte Barry so sehr, dass er ihn persönlich als nächsten Komponisten für die Reihe vorschlug.

»Sherlock«

Arnold und Giacchino sind Connaisseurs der Kinomusik, die ebenso als Meister ihrer Zunft gelten. Neben ihrem Expertenwissen überzeugen die beiden durch eine beeindruckende Vielfältigkeit. Spielerisch wechseln sie nicht nur zwischen den Genres, sondern auch den Gattungen Film und Fernsehen und verlieren nicht ihre Experimentierfreude. Auch ist ihnen das Format des Filmmusik-Konzertes nicht fremd. Im gleichen Jahr wie Arnolds Casino Royale in Concert feierte Giacchino seinen 50. Geburtstag mit einem Konzert in der Royal Albert Hall. Settling the Score wird ein Fest der herausragenden Musik und kuriosen Ideen. Als Ankündigung der anderen Art lieferten sich die Komponisten bereits auf Twitter einen köstlichen Schlagabtausch: Arnold macht sich über Giacchinos bunte Auswahl an Hüten und Fliegen lustig, während Giacchino vor den Gedankenkontroll-Apparaten seines Gegners warnt. Dass bei dem Abend kein filmisches Bild die Musik begleitet, schadet also nicht. Die beiden schrägen Vögel sind Unterhaltung genug.

Karten für das Konzert sind auf der Seite der Royal Albert Hall zu finden.

Settling the Score ist Teil des Programms Films in Concerts. Ein Überblick zu weiteren Veranstaltungen aus der Reihe gibt es hier.