Kritik zu Trumbo

© Paramount Pictures

Er war der bestbezahlte Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte, der auf der Schwarzen Liste stand: Jay Roach verfilmt die Karriere des Oscarpreisträgers und McCarthy-Opfers Dalton Trumbo als Gratwanderung zwischen Schelmenstück, Hollywoodsatire und Melodrama

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.5
3.5 (Stimmen: 2)

Hollywood hat schon viele Filme über die eigene Geschichte hervorgebracht, aber dieser stellt in zweierlei Hinsicht ein Novum dar. Wann hat man je erlebt, dass ein Drama seinen emotionalen Höhepunkt in dem Augenblick erreicht, als ein Drehbuchautor seinen Namen im Vorspann liest? Und wann stand im Zentrum eines amerikanischen Biopics tatsächlich schon einmal ein überzeugter Kommunist?

Die Nennung von Dalton Trumbos Namen im Vorspann von »Spartacus« läutete 1960 das Ende der Schwarzen Liste in Hollywood ein. Das filmische Denkmal, das Jay Roach ihm nun setzt, hebt diesen epochalen Moment mit einem sublimen visuellen Gag hervor: Der Name spiegelt sich in der Brille des Autors, der sich nun voller Genugtuung von diesem düsteren Kapitel seiner Biografie und der Geschichte der Filmmetropole verabschieden darf. Das Drama der Charakterprüfungen hat sein kathartisches Ende gefunden.

»Trumbo« beruht auf der sorgfältig recherchierten Monografie von Bruce Cook, die John McNamara so frei adaptiert hat, dass es ein paradoxes Maß an Nostalgie zulässt. Trumbos Leben ist eine vertrackte Erfolgsgeschichte. Er war der bestbezahlte Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte, der auf der Schwarzen Liste stand. Und er gewann einen Kampf, der aussichtslos erschien. Trumbo, den Bryan Cranston demütig und hochtrabend zugleich spielt, bannt die Geister, die Hollywood mehr als ein Jahrzehnt heimsuchten. Als er 1970 von der Drehbuchautorengilde für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird, bedankt er sich mit einer Rede, die einen Heilungsprozess besiegeln soll: Es habe in dieser dunklen Zeit keine Helden oder Schurken, sondern nur Opfer gegeben.

Ungewollt dementiert der Film damit seine eigene Argumentation. Beim Sehen könnte man leicht den Eindruck gewinnen, die Schwarze Liste sei aus einer Laune der arglistigen Klatschkolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren) entstanden und habe Fahrt aufnehmen können dank der Unterstützung bigotter Patrioten wie John Wayne und der Erpressbarkeit jüdischer Studiobosse. Diese dramaturgische Engführung setzt sich auf der Seite der Verfemten fort. Der Film verzichtet darauf, den weiteren Angehörigen der »Hollywood Ten« Kontur zu verleihen, sondern lässt an deren Stelle eine fiktive ­Figur auf den Plan treten: Arlen Hird (Louis C. K.) hat die undankbare Aufgabe, ein Amalgam zu verkörpern, das als verzweifelter moralischer Kompass fungieren soll. Dieses Manöver kompromittiert den Wahrheitsgehalt empfindlich.

Es wäre ein Leichtes, diese Geschichtsschreibung in Stromlinienform dem Komödienspezialisten Roach anzulasten (»Meine Braut, ihr Vater und ich«). Tatsächlich ist die Zeichnung der Figuren, die das Herz am rechten Fleck haben, weit vergnüglicher geraten: John Goodman verleiht dem B-Movie-Mogul Frank King eine einnehmende, aufrechte Vulgarität; Dean O'Gorman ist ein drollig selbstgewisser Kirk Douglas, und Christian Berkel gelingt eine glänzende Karikatur von Otto Preminger.

In »Trumbo« herrscht jene gleichsam verwaltete Empörung, die 70 Jahre später kein politisches, sondern allenfalls ein kommerzielles Risiko darstellt. Etwas trittsicherer bewegen sich Roach und McNamara, sobald die Geschichte ihre komödiantischen In­stinkte weckt: Wenn die inkriminierten Autoren unter Trumbos Fittichen den Drehbuch-Schwarzmarkt wie am Fließband versorgen, wird das als Schelmenstück in Szene gesetzt. Diesen heiteren Elan durchkreuzt ihr Held allerdings, wenn er bei einem Fernsehinterview klarstellt, dass die Schwarze Liste kein Witz war. »Trumbo« entzieht sich jeder Vereinnahmung, er passt nicht in den heroischen Fundus, aus dem sich die US-Folklore gemeinhin speist. Zwar werden ihm keine nennenswerten Zweifel und Makel zugeschrieben (er vernachlässigt seine Familie, doch das tat Gandhi auch), aber Cranston verleiht ihm das untilgbare Flair des Anderen. Souverän eignet er sich die Manierismen Trumbos an, die aus Dokumentaraufnahmen vertraut sind: die unverkennbare Zigarettenspitze, das Faible für Nachtarbeit in der Badewanne und den Hang zu geschliffenen Bonmots voller ideologischer Widerhaken. Kaum vorstellbar, dass so einer je dazugehörte in Hollywood.

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