Kritik zu The Sparks Brothers

© Universal Pictures

Zwei Monate vor dem von ihnen komponierten und in Cannes gefeierten Musical »Annette« kommt Edgar Wrights Porträtfilm über die beiden Musiker und ihre lange Karriere in die Kinos

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Wenn von Musikern, die sich fortwährend neu erfinden, die Rede ist, wird fast immer Madonna genannt. Die brachte ihr Debütalbum 1983 heraus, bereits zwölf Jahre zuvor erschien das der Brüder Ron und Russell Mael. »50 Jahre. 25 Alben. 345 Songs. Wahnsinniges Talent«, lautet die Werbezeile für diesen Film – und bringt das Phänomen »Sparks« damit wirklich auf den Punkt. 

Viele halten sie für Engländer, auch ich hätte sie dort verortet, irgendwo in der Tradition von 10cc und der Bonzo Dog Band mit ihren satirischen, schelmischen Texten und oft ohrwurmhaften Melodien – in der Tat siedelten sie einmal dorthin über, als ihre Karriere in den USA stagnierte. Wenn man mit der Musik der späten 60er und frühen 70er Jahre sozialisiert wurde, hat man ihre Karriere über fünfzig Jahre nicht unbedingt verfolgt, aber man hat vermutlich einen von ihren Ohrwürmern im Kopf, zumeist »This town ain't big enough for both of us« (ihr Durchbruch 1974), auch einige der ausgefallenen, meist bizarren und deshalb höchst einprägsamen Albumcover im Gedächtnis und natürlich ihr Auftreten: Russell (Jahrgang 1948), der hyperaktive Sänger mit der Falsetto-Stimme, und im Kontrast dazu sein drei Jahre älterer Bruder Ron, stoisch hinter seinem Keyboard sitzend (das einstige Hitler/Chaplin-Bärtchen ist inzwischen auf Clark-Gable-Maß gestutzt).

»The Sparks Brothers« ist ein Film aus der Perspektive eines begeisterten Fans, der chronologisch erzählt und dabei jedem Album zu seinem Recht verhilft – 144 Minuten, in denen keine Langeweile aufkommt. Die Brüder kommen selber zu Wort (dabei geht es immer um die Musik, nie um Privates), außerdem Musikerkollegen sowie ihre Plattenproduzenten Todd Rundgren, Giorgio Moroder, Muff Winwood und Tony Visconti, der Autor Neil Gaiman und Schauspieler Mike Myers; eingefügte Animationssequenzen und Montagen aus alten Kinofilmen verschärfen die Geschwindigkeit noch. Wir erfahren, dass ihre erste Gruppe den Namen »Halfnelson« trug und 1971 ein Flop war, woraufhin man das Album unter dem Namen »Sparks« noch einmal, diesmal mit mehr Erfolg, veröffentlichte und dass einer ihrer ersten Songs »Computer Girl« hieß – prophetisch, weil der Zeit weit voraus.

Machen die Sparks Musik für eine Minderheit? Sie sind »musicians' musicians«, davon legen viele andere Musiker in diesem Film Zeugnis ab, andererseits entdeckt man in einer Montage mit Zeitschriftencovern gegen Ende des Films die beiden auch auf dem Titelbild der »Bravo«, »When do I get to sing ›My Way‹« war in Deutschland 1994 ein Riesenhit.

Zwei Monate nach »The Sparks Brothers« wird Leos Carax' »Annette« in die deutschen Kinos kommen, der Eröffnungsfilm der diesjährigen Filmfestspiele in Cannes und dort ausgezeichnet mit dem Regiepreis und einem Preis für den besten Soundtrack. Für ihn haben die Brüder nicht nur die Songs komponiert und mit dem Regisseur auch deren Texte verfasst, von ihnen stammt auch die Idee für dieses Musical.

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