Kritik zu Paris, Paris – Monsieur Pigoil auf dem Weg zum Glück

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Christophe Barratier will mit bewährtem Rezept an den Erfolg seiner »Kinder des Monsieur Mathieu« anknüpfen

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Der Heimatfilm ist ein deutsches Genre, das scheinbar bedrohte, zeitlose Werte in klar umrissenen Grenzen beschwört, die es gegen die zerstörerische Kraft der Modernisierung zu verteidigen gilt. So gesehen ließe sich auch in Frankreich derzeit eine Sehnsucht erkennen nach dem, was in Deutschland »Heile Welt« heißt. Ihr Herz entdeckt die Grande Nation in dem Moment, da die staatliche Sozialfürsorge durch die globale Ökonomie auf eine harte Probe gestellt wird. Der Überraschungserfolg Willkommen bei den Sch’tis findet wahre Menschlichkeit bei den kleinen Postbeamten eines lange geschmähten Landstrichs. Und Christophe Barratier zaubert in Paris, Paris die Idylle in einer Vorstadt im Norden von Paris herbei, die unter seinen Bewohnern nur »der Faubourg« genannt wird, um das Exemplarische des Schauplatzes zu betonen.

»Paris, Paris« spielt 1936, zu Zeiten der Dritten Republik und der Wahlerfolge von Léon Blum als Kopf einer linken Volksfront, die sich in der Durchsetzung von Arbeiterrechten heftigen Angriffen einer antisemitischen Rechten erwehren muss, für die im Film die fiktive Partei SOC und der Pate des Viertels, Galapiat (Bernard-Pierre Donnadieu), stehen. Zentrum des Faubourg ist das Varieté Chansonia und dessen Herz der Bühnenarbeiter Pigoil, verkörpert von Gérard Jugnot, der bereits in Barratiers Spielfilmdebüt »Die Kinder des Monsieur Mathieu« die Hauptrolle spielte. Zu Beginn ist das Chansonia pleite, und Galapiat schließt das Haus, um es spekulativ zu veräußern, bis es kurzerhand besetzt wird von einem Triumvirat aus arbeitslos gewordenen Mitarbeitern: von Pigoil selbst, dem unlustigen Komiker Jacky (Kad Merad) und dem politisch engagierten Beleuchter Milou (Clovis Cornillac). Galapiat lässt daraufhin aus Gründen der eigenen Imagepflege Pigoil und sein Team gewähren, doch trotz aller rührigen Bemühungen des Faubourg scheitert das Chansonia erneut. Einzig die plötzlich aufgetauchte Sängerin Douce (Nora Arnezeder) reißt das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Sie folgt bald einem besser dotierten Angebot für eine Tournee, findet aber durch den verloren geglaubten »Vater« und Komponisten Max (Pierre Richard) zurück in den Faubourg.

»Paris, Paris« ist eine gekonnte Schmonzette, die den Zuschauer auch deshalb nicht fordert, weil Barratier so viel Herz auf den rechten Fleck setzt, dass er seine Protagonisten unmöglich um ihren Einsatz bringen kann. Den finalen Erfolg des Chansonia besorgen die Lieder von Max, die in Münchhausen’scher Selbsterrettung die Sorgen und Wünschen der Akteure und Zuschauer als beschwingte Wunschbilder reproduzieren. Puppenstubenhaft rieselt der Schnee, und die Dachkammern sind so pittoresk, wie kein Amerikaner sie sich besser erträumen könnte. Zwar bringt eine Gewalttat Pigoil ins Gefängnis, was aber den Vorteil hat, dass die womöglich problematischen Jahre der Kollaboration ausgespart bleiben. Immerhin, und das unterscheidet den französischen vom deutschen Heimatfilm, verschwindet ansonsten die Politik nicht aus der »Heilen Welt«. Sie wird, wenn auch sehr harmonisch, integriert.

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