Kritik zu Mädchen im Eis

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Eine junge Deutsche sucht weit weg am russischen Polarmeer ihren Geliebten, der aber muss sein Baby wickeln: Stefan Krohmers neuer Film balanciert zwischen Romantic Comedy und Satire auf das heutige Russland

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Pinguine, diese hochmütig blickenden Komiker, sind in Stefan Krohmers Spielfilm Mädchen im Eis als plakatives Sinnbild fürs allzu Menschliche gesetzt. Ahnungslos glotzen sie einen auf Augenhöhe ganz nah an, dann wieder gibt es Bilder ansteckender Lebenslust, wenn sie verspielt ins Blaue unter Wasser gleiten. Manchmal verwandeln sich die Pinguine in grafische Ausgeburten eines psychedelischen Alptraums, Vorwegnahmen eines noch im Entstehen begriffenen Films im Film, mit dem ein postsowjetischer Rasputin seine Mission zur Rettung der Antarktis, mithin der ganzen Welt, verkünden will.

Wendet sich die Kamera (Benedict Neuenfels) von den elementaren Schönheiten des russischen Winters ab und dem skurrilen Treiben der Protagonisten zu, sind die Pinguine indes nur noch tote Requisiten, schockgefrorene Dummys in einer trostlosen Kulisse, die aus dem Eis gefräst wird.

Mädchen im Eis, eine deutsch-russische Koproduktion, macht sich als Pastiche neo-russischer Befindlichkeiten lustig über Herr-und-Knecht-Verhältnisse, falsches Pathos, brachiale Selbstjustiz und eilfertige Dienstbarkeit, spielt aber auch mit der Umkehrung traditioneller Geschlechterrollen.

Auslöserin der satirischen Verwicklungen ist die arglose Winja (Lucie Heinze), ein Mädchen aus Frankfurt/Oder, das sich aufmacht, in einem Hotel in Teriberka auf der Halbinsel Kola ihren Lover Andrei (Anton Pampushny) wiederzusehen. Ihr Weg kreuzt sich mit dem des exzentrischen Alten Wsewolod Starych (Aleksei Guskov), der beobachtet, wie einer seiner Fahrer aus der Filmcrew ein Bündel Rubel fürs Mitnehmen verlangt, und diesen Fall von Korruption auf seine Weise aus der Welt schafft.

Im Hotel muss Winja feststellen, dass Andrei mit dem gemeinsamen Baby im Schlepptau seiner Frau reist, einer Biathlonathletin, die sich unter der Fuchtel ihrer Trainerin für die Olympiade schindet, von Dopingpillen lebt und ihr Kind auf Distanz hält. Genießen Andrei und Winja nach anfänglichem Schock ihre Liebe, eskaliert bald der absurde Streit des Kindsvaters um die Zuwendung der verbissenen Sportlerin für das Baby.

Parallel dazu kommen  polizeiliche Ermittlungen in Fahrt. Die blutigen Rubel, die Starych Winja zurückgab, können ihr gefährlich werden. Hinter Starychs mysteriösem Moralismus scheint die Selbstherrlichkeit eines Soziopathen auf. Um den Schauplatz ohne Blessuren verlassen zu können, muss das Paar hinter seine Geheimnisse kommen und verdingt sich daher bei Artur (Ievgen Bal), Starychs treuem Videokünstler, der Hilfe bei den Dreharbeiten gut gebrauchen kann.

Wer wen am Ende listig ausbootet, ist trotz einiger Wendungen schlüssig. Leider hinkt die Dramaturgie: Das Abenteuer wird als Rückblende aus der Sicht eines weiteren Starych-Untergebenen erzählt. Den Fortgang immer wieder unterbrechend, rekapituliert Yegor (Yuriy Kolokolnikov), jetzt Pinguinpfleger im Zoo, den ergriffenen Besuchern, warum er ein Bauernopfer im Spiel von Starych war. Dem Mythos des Pseudoheiligen scheint seine Version keinen Abbruch zu tun.

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