Kritik zu Knock at the Cabin

© Universal Pictures

Kleinfamilie oder Weltuntergang: In M. Night Shyamalans neustem Thriller ­verbinden sich Genreelemente mit großen spirituellen Fragen

Bewertung: 3
Leserbewertung
4
4 (Stimmen: 1)

Man muss nur ein paar von M. Night Shyamalans Filmen gesehen haben, um zu wissen, dass ihn die Vorstellung irgendeiner Art von Apokalypse dauerhaft beschäftigt. Faszinierend ist, wie verschieden er den Weltuntergang und vor allem den Umgang der Menschen damit immer wieder beschreibt. In »Knock at the Cabin« setzt er nicht weniger als das Schicksal der gesamten Erde gegen das Glück einer pittoresken Kleinfamilie. Es ist eine zutiefst ungerechte, ja gewaltsame Gegenüberstellung, aber für die 100 Minuten des Films wird daraus ein Thriller, der fesselt und zugleich bedrückt und berührt.

Es beginnt, wie so oft bei Katastrophenfilmen, mit einem Moment der Idylle. Da ist die siebenjährige Wen (Kristen Cui), die im Wald hinter der Hütte Heuschrecken fängt, in der sie zusammen mit ihren Vätern Andrew (Ben Aldridge) und Eric (Jonathan Groff) die Ferien verbringt. Sie sammelt die Insekten in einem Einmachglas und verspricht ihnen, sie nicht zu verletzen. Wie aufs Stichwort taucht daraufhin der massige Leonard (Dave Bautista) auf, der trotz seines bedrohlichen Äußeren Wens Abwehr gegen das Sprechen mit Fremden überwindet und ihr Informationen über ihre Väter entlockt. Er versichert seinerseits, ihr nichts antun zu wollen, aber zusammen mit der intuitiven Wen versteht auch der Zuschauer, dass eine Bedrohung für Leib und Seele unmittelbar bevorsteht. Zumal Leonard, wie sich bald herausstellt, von drei Gestalten mit seltsamen selbst gemachten Waffen in der Hand begleitet wird. Selbst wenn man in den Vieren, wie es später Wens Vater Eric tun wird, die Reiter der Apokalypse erkennt – man würde ihnen nicht freiwillig die Tür öffnen. Zumal ihr Anliegen ein Schauriges ist: Sie wollen Wen, Andrew und Eric davon überzeugen, einen von sich zu opfern. Nur so sei die Welt zu retten, vor der Katastrophe, die bereits begonnen hat. 

Keine der Figuren – mit Ausnahme vielleicht der kleinen Tochter – agiert als das Klischee, als das sie auf den ersten Blick rüberkommen. Das beginnt bei Bautista, der in seiner Wrestling-Vergangenheit kaum bedrohlicher gewirkt haben kann als hier als einfühlsamer Sportlehrer, der nichts weiter will als das Schlimmste abwenden. Seine drei Begleiter Rupert Grint, Nikki Amuka-Bird und Abby Quinn bekommen weniger Raum zur Entfaltung, bringen aber die drängende Verzweiflung ihrer Figuren so überzeugend zum Ausdruck, dass sie als Täter fast unkenntlich werden. 

Mit dem wehrhaften schwulen Väterpaar Andrew und Eric kommt ein zusätzlicher Twist in den Plot: Was, wenn das ganze Gerede von der Apokalypse nur Vorwand für einen homophoben Anschlag ist? Die Frage treibt besonders Andrew um. In Flashbacks zeigt der Film die Liebesgeschichte zwischen ihm und Eric als ein Behaupten gegen Widerstände und Ablehnungen. Warum sollten nun ausgerechnet sie, die geächteten Außenseiter, ein Opfer erbringen müssen?

Shyamalan nimmt das altgediente Genre des Home-Invasion-Thrillers und lädt ihn mit einer spirituellen Fragestellung von geradezu erdrückender Gewichtigkeit und Ernst auf – es funktioniert verblüffend gut.

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