Kritik zu Chaos und Stille

© Neue Visionen Filmverleih

2024
Original-Titel: 
Chaos und Stille
Filmstart in Deutschland: 
05.06.2025
L: 
83 Min
FSK: 
12

In Anatol Schusters Drama begibt sich eine Gesellschaft auf Sinnsuche

Bewertung: 3
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Eine Frau kündigt ihren Job, räumt ihre Wohnung, erlässt ihren Mietern, einem jungen Paar, die Miete und beschließt fortan, auf dem Dach des Mehrfamilienhauses zu leben – und nicht mehr zu sprechen. Sie entzieht sich der Gesellschaft, den Konventionen, dem Lärm und der Hektik der Großstadt, ein Wunsch, der wohl vielen Menschen, insbesondere aktuell, nicht fremd ist. Der Regisseur Anatol Schuster begibt sich in Chaos und Stille auf eine Sinnsuche – oder lotet vielmehr eine Gesellschaft in der Sinnkrise aus. Denn die einen sehen in der Frau so etwas wie ihre Heilsbringerin, die anderen eine Gefahr. Es ist aber auch ein Film über die Musik, die eine Befreiung aus dem Lärm und der Gesellschaft sein kann.

Jean (Anton von Lucke) ist Komponist und ein Träumer. Häufig setzt er riesige Kopfhörer auf, nicht um Musik zu hören, sondern um den Lärm auszuschalten, vielleicht um seine Musik zu spüren. Seine Frau Helena (Maria Spanring) ist Pianistin und die Pragmatischere von beiden. Von seiner Musik kann das Paar nicht leben, und schon gar nicht sein Baby ernähren. Als ihre Vermieterin Klara (Sabine Timoteo) den beiden die Miete erlässt und noch dazu einen Flügel schenkt, ist Jean dankbar, Helena fühlt sich unwohl. Zugleich fühlen sich beide der Frau verbunden, die plötzlich auf dem Dach lebt.

Anatol Schuster verweigert eine narrative Stringenz, lässt Klara nicht etwa verwahrlosen, sondern sehr klar und aufgeräumt ihren Alltag gestalten – mit täglicher Körperpflege im Springbrunnen. Sabine Timoteo gibt diese der Welt abhandengekommene Frau mit eleganter Würde, einer sanften Entschlossenheit, und lässt zugleich Raum für Interpretationen. Schuster wählt oft vage, essayistische Bilder, die ihre Freiheit abbilden – und er zeigt eine Gesellschaft, die nach Orientierung, einer Ideologie sucht, egal wie absurd diese scheint. »Chaos und Stille« kann nicht in jedem Detail überzeugen und entwickelt doch einen Sog, eine Atmosphäre und stellt Fragen, die nachwirken.

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