Kritik zu Animale

OmeU © June Films

2024
Original-Titel: 
Animale
Filmstart in Deutschland: 
25.09.2025
L: 
98 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Stierkampf einmal anders: Die 22-jährige Nejma trainiert hart, um einen Kampf zu gewinnen. Doch dann stellt sie Veränderungen an sich fest

Bewertung: 4
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Nejma will es allen beweisen: ihrer Mutter, den Männern und den Zuschauern. Beweisen, dass sie ihr Handwerk ebenso gut beherrscht wie die Männer, die sich in der Arena einem wilden Stier stellen. In der Camargue ist dies eine besondere Art des Stierkampfes – es geht nicht darum, das Tier zu töten, vielmehr darum, ihm eine jener Trophäen abzunehmen, die auf seinen Hörnern aufgespießt sind. Was allerdings auch das Risiko in sich birgt, von dem Stier selber aufgespießt oder zumindest verletzt zu werden.

Wie notwendig das harte Training ist, dem sich die 22-Jährige unterzieht, zeigen die Szenen in der Arena. Immer wieder müssen sie und ihre Kollegen sich vor den Stieren durch einen Sprung über die Brüstung retten – was allerdings auch den Stieren mit ihrem beträchtlichen Gewicht mehrfach gelingt. Von den Gefahren für die Stierkämpfer vermittelt der Film ein eindringliches Bild.

Am Anfang des Films sehen wir zwei Bullen in der Landschaft stehen, majestätische Tiere, die uns spüren lassen, dass dies ihr Territorium ist. Wenn der Blick sich auf eine ganze Herde weitet, wird das noch unterstrichen. Doch dann folgt ein Top Shot aus großer Höhe, der die mächtigen schwarzen Tiere zu kleinen Punkten zusammenschmelzen lässt, plötzlich umringt von weißen Punkten. Das sind die Stierkämpfer auf ihren Pferden, die die Herde in die Koppel treiben und auf den Kampf vorbereiten. In dieser plötzlichen Umkehr der Machtverhältnisse ist das Thema des Films eingefangen.

Zunächst läuft alles gut für Nejma, doch nach einer heftigen Partynacht mit ihren Kollegen, mit Alkohol und Drogen, wandert sie ziellos durch die nächtliche Landschaft und bricht ohnmächtig zusammen. Als sie nach einem langen Schlaf wieder aufwacht in ihrem Bett, klagt sie über Übelkeit und muss sich wiederholt erbrechen. Von jetzt an scheint sie eine besondere Beziehung zu den Stieren zu haben, fühlt deren Schmerz und stellt zunehmende körperliche Veränderungen an sich fest. Gleichzeitig werden in den nächsten Nächten zwei ihrer Kollegen offenbar von einem wilden Stier getötet.

Body Horror war in den letzten Jahren, besonders in französischen Filmen, von Frauen inszeniert, wiederholt eine Möglichkeit, weibliche Selbstermächtigung zu zeigen und damit ein klassisches Horrormotiv, bei dem sich Frauen wie einst in Jacques Tourneurs »Cat People« zumeist in (Raub-)Katzen verwandelten, umzudeuten.

Ein naheliegender Verdacht für Nejmas Verwandlung, der hier nicht nur bei genreaffinen Zuschauern auftauchen dürfte, ist der einer Vergewaltigung. Damit würde der Film von seinem Erzählmuster zur Gattung der »Rape & Revenge Movies« gehören. Die allerdings zeichneten sich im Gefolge von »I Spit On Your Grave« (1978) bis hin zu Coralie Fargeats »Revenge« (2017) zumeist durch schonungslose Detailaufnahmen aus, wenn das Opfer männlicher Gewalt schließlich zurückschlug und dabei keine Gefangenen machte. Davon weicht »Animale« in höchstem Maße ab. Nicht nur die Transformationsszenen, sondern auch der Akt des Tötens werden erst kurz vor Ende und äußerst verknappt ins Bild gerückt. Mit ihrem zweiten Langfilm ist der französisch-algerischen Regisseurin Emma Benestan (Jahrgang 1988) ein eindrucksvolles Werk gelungen.

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