Kritik zu 791 km

Eigentlich hätten sich Marianne, Susi, Tiana, Philipp und Josef wohl nicht viel zu sagen. Selbst bei Tiana und Philipp, die immerhin ein Paar sind, hapert es mit der Kommunikation. In einer Nacht, in der Unwetter den Flug- und Bahnverkehr in Deutschland lahmlegen, hängen sie alle in München fest, wollen oder müssen aber dringend nach Hamburg. Drei Fahrgäste mit Taxi-Gutscheinen und ein blinder Passagier kapern gemeinsam das Taxi des brummig unwilligen Fahrers Josef (Joachim Krol). Auf engstem Raum eine Nacht zusammen verbringen, da gibt es wenig Spielraum für Distanz und Diskretion, und bald zeigt sich, wenn Menschen nur miteinander reden, kommt heraus, dass das Menschsein sie mehr verbindet als ihre verschiedenen Lebensweisen, Kulturen und Ideologien, Sorgen und Träume sie trennen. 

© Pantelon Films / Producer United Film

Das ist vielleicht keine sonderlich originelle Prämisse, kann mit einem gut zusammengewürfelten Schauspielerensemble dann aber doch erstaunlich gut funktionieren: Iris Berben als angriffslustige Althippie-Brokdorf-Demonstrantin, Nilam Farooq als junge Frau, die ihren scheinbaren Migrationsmakel mit doppelt beflissenem Eifer überspielt, im Kontrast dazu Ben Münchow mit tiefenentspannter Kiffer-Mentalität, Lena Urzendowsky mit ihrer besonderen Mischung aus kindlicher Frontaldirektheit und tragischem Schicksal, und schließlich noch Joachim Król als brummig konservativer, vom Leben gebeutelter Malocher. 

Da ist im engen Raum des Taxis alles drin, was derzeit die deutsche Gesellschaft auf eine Zerreißprobe stellt. Tobi Baumann steuert seinen bei »Ladykracher« und Filmen wie »Der WIXXer« und »Vollidiot« erprobten Humor bei, und dazu den Ehrgeiz, das Kammerspiel-Roadmovie nie monoton aussehen zu lassen. So poltern die Reisenden zunächst ruppig aneinander, und raufen sich im Laufe der Fahrt, mit wachsendem Verständnis für ihre Sorgen und Bedürfnisse zur fürsorglichen Ersatzfamilie zusammen.