Kritik zu 42plus

© Zorro Film

Claudia Michelsen und Ulrich Tukur gehen als Ehepaar gemeinsam in den Sommerurlaub – wo sich die ganze Krise ihres eingestaubten Beziehungslebens offenbart

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Es ist immer gefährlich, wenn ein Filmemacher die eigenen Ansprüche vermitteln will, indem er Vergleiche zu großen Regisseuren der Filmgeschichte zieht. Bei »42plus« hat sich die Autorin und Regisseurin Sabine Derflinger nach eigenem Bekunden »an Rossellini erinnert«. Aber auch Assoziationen mit Patrice Chereaus »Intimacy« oder Catherine Breillats »Romance« soll man bei ihrem Film entwickeln. Das legt die Messlatte verdammt hoch und, nun ja, was soll man sagen: Sie wird nicht erreicht.

»42plus« erzählt von Christine (Claudia Michelsen), die mit ihrem Mann Georg (Ulrich Tukur) und ihrer pubertierenden Tochter ins Ferienhaus auf Ischia fährt. Gleich zu Beginn sehen wir, dass das Familienleben tiefe Risse hat: Christine hat einen Liebhaber; die Gespräche zwischen ihr und ihrem Mann beschränken sich auf lustlos dahingesprochene Halbsätze. Was im Alltagstrott noch funktioniert, wird in der Auszeit des Urlaubs immer unerträglicher, zumindest für Christine. Hier will die Midlife-Crisis-geplagte Frau auch ihren 42. Geburtstag feiern. Als sie den gutaussehenden Lebenskünstler Tamaz kennenlernt, sieht sie die Chance, durch eine Affäre mit dem jüngeren Mann wenigstens zeitweise aus ihrem erstickenden Leben auszubrechen.

Man kann »42plus« zugutehalten, dass er den Versuch unternimmt, eine Beziehungsgeschichte zu erzählen, die sich nicht ins Humoristische flüchtet und andererseits auch nicht die seichten Herzschmerzklischees deutscher Fernsehfilme bedient. Zu Beginn ist man noch angenehm überrascht über den verhaltenen Ton der Erzählung, über das Antidramatische der konfliktträchtigen Momente und über den Mut, eine Situation sowohl inhaltlich als auch visuell einfach mal stehen zu lassen. Problematisch wird es, wenn die Dramaturgie so gar nicht an Fahrt gewinnt; da kippt der Realismus ganz schnell in pure Langeweile.

Zugleich stechen von Beginn an die pseudonaturalistischen Dialoge ins Ohr. 42plus ist durchweg bemerkenswert gut gespielt – umso mehr bedauert man die Darsteller, denen fortwährend derart papierne Sätze in den Mund gelegt werden, dass man kaum glauben mag, dass Derflingers Koautor Mogens Rukov an Thomas Vinterbergs »Das Fest« mitgeschrieben hat. Bei kaum einem Dialog entwickelt sich das, was man einen natürlichen Gesprächsfluss nennen würde – die didaktische Intention, der »Sinn« der Unterhaltung wird stets vom ersten Wort an deutlich.

Ähnlich funktioniert auch die Konstellation der Figuren, die sich am besten mit dem Unwort »Versuchsanordnung« beschreiben lässt: Da gibt es die Analogie zwischen der sexuellen Aufbruchstimmung von Mutter und Teenagertochter, da lungert zu allem Überfluss auch noch ein weiterer italienischer Exlover im Hintergrund herum und kommentiert gelegentlich das Geschehen, und natürlich muss auch Christines Liebhaber samt Ehefrau in Ischia auftauchen. Dazwischen, als eine Art guter Geist, der schöne Jüngling, der die älteren Frauen aus ihrer Erstarrung befreit. Das ist in seiner Klischeehaftigkeit zwar irgendwie rührend, nur an emotional und sexuell radikale Filme wie »Intimacy« oder »Romance« mag man dabei wirklich nicht denken. Von Rossellini ganz zu schweigen.

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