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Ermittlungen mit Zeitmaschine: Johannes Sievert erweitert in seinem Spielfilmdebüt das Krimigenre um eine Science-Fiction-Dimension
Wenn zu Beginn ein blau gefleckter Schmetterling über den kleinen Platz im Herzen Kölns flattert und die Aufmerksamkeit zweier Kinder erregt, während ein Fahrradkurier heranheizt und sich zu allem Überfluss auch noch ein Auto nähert – dann wird es Zeit, sich in Habachtstellung zu begeben. Denn möglicherweise fällt in China gleich ein Sack Reis um. Oder irgendwo anders bricht ein Tornado los. Es ist dann aber nur die Bank an der Ecke, die überfallen wird. Doch auch das hat schlimme Folgen. Zum einen für Kommissar Richard Lenders (Alex Brendemühl) und die Ermittlungen in einem ungewöhnlichen Mordfall, die er bald übernehmen wird. Und zum anderen für uns, weil wir es jetzt mit dem Film zu tun haben, der diese Ermittlungen zum Gegenstand hat.
»Rewind« ist das Spielfilmdebüt von Johannes Sievert, der zuletzt gemeinsam mit Dominik Graf die beiden Dokumentarfilme »Verfluchte Liebe deutscher Film« (2016) und »Offene Wunde deutscher Film« (2017) verantwortete. Sievert weiß also sehr genau, worauf er sich einlässt, wenn er in Deutschland einen Genrefilm dreht. Denn ebenso bekanntlich wie betrüblich ist das breitere Spektrum der Genres – sieht man vom Krimi in allen seinen Varianten ab – hierzulande unterrepräsentiert. Freilich gibt es Heimatfilme, und die Problemfilme wurden sogar hier erfunden. Aber Science-Fiction? Fantasy? Horror? Roland Emmerich ist ausgewandert, um seiner Berufung folgen zu können. Wer da bleibt und sich traut, riskiert die Häme der Kritik. Aus dieser Perspektive gesehen mag »Rewind« schon als blanke Notwendigkeit einleuchten, dem ewigen Einerlei von »Tatort« auf der einen Seite und Arthouse auf der anderen etwas entgegenzusetzen. Dominik Graf – der bei »Rewind« als Dramaturg fungierte – kann schließlich nicht alles allein machen.
Zwischen schlau und perfide will es einem in diesem Kontext scheinen, dass Sievert sein Publikum auf dem vertrauten Terrain des Krimis mit seinen Kommissaren und deren Sidekicks sowie den notorischen Gerichtsmedizinern und Spurensicherern abholt, um es dann buchstäblich in die Zeitmaschine zu setzen. Die fällt als blassgelbe Abstellkammer im Kellerwinkel eines Uni-Instituts wenig beeindruckend aus. Nerdige junge Forscher werten hier aus, was ihnen der Kommissar an Beweismitteln bringt. Siehe da! Ein Mann der Zukunft hat eine Möglichkeit gefunden, sich via Extradimension zu teleportieren, indem er die Heisenberg'sche Unschärferelation mit der Einstein'schen Fernwirkung multipliziert und das Ergebnis sodann durch die Wurzel aus Schrödingers Katze dividiert. Oder so ähnlich. Doch wozu der ganze Aufwand? Um in der eigenen Vergangenheit herumzupfuschen und alte Fehler ungeschehen zu machen. Was natürlich, zahllose SF-Filme belegen dies, noch nie funktioniert hat und das entsprechende Chaos nach sich zieht. Den Überblick hat man ohnehin längst verloren, derart vollgestopft mit Handlungssträngen ist der Film. Als Serienpilot gäbe »Rewind« möglicherweise keine schlechte Figur ab. Wie wär's mit einem Neustart?