Kritik zu SPK-Komplex

© Salzgeber

Gerd Kroske vollzieht in seinem neuen Dokumentarfilm die Geschichte des Heidelberger Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK) und seiner
Kriminalisierung zu Beginn der 70er Jahre nach

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Es ist schon ein Weilchen her, dass das SPK, das Sozialistische Patienten­kollektiv, kriminalisiert wurde und ­dessen Mitglieder sich als Unterstützer einer terroristischen Vereinigung verunglimpft sahen, in den Untergrund gedrängt und/oder inhaftiert wurden. Womöglich erinnern sich nur wenige an Dr. med. Wolfgang Huber und seine Mitstreiter, die das SPK 1970 in Heidelberg gründeten, um einer anderen Perspektive auf das Phänomen der psychischen Erkrankung Geltung zu verschaffen. Einer, wie es damals hieß, »antipsychiatrischen« Perspektive, die »aus der Krankheit eine Waffe machen« wollte und nach der Verantwortung der Gesellschaft für das pathologisierte, abweichende Verhalten eines Menschen fragte.

Zu jener Zeit befand sich Heidelberg, so einer der Gesprächspartner Gerd Kroskes, der in seinem Dokumentarfilm »SPK-Komplex« die Geschichte des Kollektivs nachvollzieht, »in einer vorrevolutionären Situation«. Das Drama und die Hysterie, die diese Situation bestimmten, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Und so mancher mag es auch ermüdend finden, sich einmal mehr mit dem Jahr 1968 und seinen Folgen beschäftigen zu sollen – mit dem Aktionismus, mit der ideologisch verquasten Sprache, die ihn legitimierte, mit den besserwisserischen Weltverbesserern und utopiebeseelten Unruhestiftern, die die schöne Ordnung der Alten unverschämt in Zweifel zogen – und die dafür hohe Preise zahlten.

Weil aber diese Zeit mit ihren mittlerweile an sie geknüpften Denkverboten und Tabus sowie ihrem hohen Anteil an Verdrängtem unsere Gegenwart so ganz besonders prägt, erweist sich »SPK-Komplex« als spannend wie ein Krimi. Spannend nicht zuletzt, weil Kroske darauf verzichtet, die von ihm befragten Zeitzeugen – darunter Lutz Taufer, Carmen Roll und Karl-Heinz Dellwo – zu benennen. Es gibt auch keinen Off-Kommentar, der Bild und Ton historiografisch einordnet, lediglich eine Stimme, die aus Akten und Briefwechseln vorliest. Dazu montiert Kroske Fotos, Zeitungsausschnitte, Fernsehaufnahmen, zeigt ältere Herrschaften, die in ihren Archiven kramen und Erinnerungen zutage fördern. Dr. Huber selbst, der, wie es heißt, »heute nicht mehr in Deutschland auffindbar« ist, kommt in Form der Tonbandaufzeichnung eines Teach-in zu Wort. Es geht ja auch um Dr. Huber nicht als Individuum, sondern als Subjekt der Geschichte der Bundesrepublik, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf den sogenannten Deutschen Herbst zusteuert.

Was »SPK-Komplex« in diesem Kontext ­leistet, ist zweierlei. Zum einen macht er jene verhängnisvolle Dynamik zwischen kon­servativem Beharren und progressivem Widerstand sichtbar, die über eine zunehmende Radikalisierung des Konflikts schließlich in eine militante Eskalation mit zahlreichen Todesopfern münden wird. Zum anderen zeigt er die Vernichtung der Inhalte, für die das SPK stand, als durchaus schmerzlichen und durchaus unnötigen ­Verlust. Anders gesagt: Hier wurden gute Ideen einem schlechten Prinzip geopfert.

Meinung zum Thema

Kommentare

Dies ist was wirklich SPK über das Film sagt: "Achtung! Gattungsgifter am Werk!" http://www.spkpfh.de/Achtung_Gattungsgifter_am_Werk.htm

An "krankkrank": Bitte laut und deutlich vorlesen, dann kommen einem die Tränen vor lachen. Kryptischer und wirrer gehts nimmer! Danke für den humoristischen Beitrag der PF aus dem Mannheimer Quadrat. Ihr seid nicht zu toppen. Weiter so! Lachen ist immer gut.

Ganz schwach fand ich, daß man überhaupt nicht weiß, wer da spricht, welche Funktion der/diejenige hatte, z.b. Frau Roll. Wie ist sie dazugekommen, war sie etwa Krankenschwester, Patientin, Ärztin, Studentin? Weswegen wurde sie verurteilt?
Wen hat die Rechtsanwältin verteidigt?
So könnte ich noch dutzende weitere Fragen stellen, die der Film offen läßt.
Bei einer historischen Doku verbietet sich ein solches Vorgehen.
Im Nachspann werden dann schnell schnell alle Namen durchgerollt und das wars. Schwach.

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