Disney+: »Mid-Century Modern«

»Mid-Century Modern« (Serie, 2025). © Disney+/Chris Haston/Christopher Willard

© Disney+/Chris Haston/Christopher Willard

Golden Gays

Vierzig Jahre ist es her, dass im US-TV erstmals die »Golden Girls« zu sehen waren. Die Wohngemeinschaft einiger nicht mehr ganz junger Frauen ging in die Fernsehgeschichte ein – und wirkt bis heute nach. Was selten so deutlich zu sehen war wie bei »Mid-Century Modern«, der neuen Serie von den »Will & Grace«-Machern Max Mutchnick und David Kohan.

Als der vierte in ihrem Freundschaftsbunde stirbt, setzt bei Bunny (Nathan Lane), Arthur (Nathan Lee Graham) und Jerry (Matt Bomer) – allesamt schwule Single-Männer Ü40 – das Nachdenken über Vergänglichkeit und Zusammenhalt ein. Und weil Bunny sein prächtiges Haus in Palm Springs mit niemandem als seiner alten Mutter (Linda Lavin) teilt, ist schnell ein Entschluss gefasst: Arthur und Jerry ziehen bei ihm ein. Drei höchst unterschiedliche Persönlichkeiten kommen da in inniger Verbundenheit zusammen, und zwischen Dating-Abenteuern, den Sorgen des Älterwerdens und dem einen oder anderen gemeinsamen Tänzchen bleiben natürlich auch ein paar Reibereien nicht aus.

Die Konsequenz, mit der sich »Mid-Century Modern« am klassischen Sitcom-Format orientiert, ist bemerkenswert: gedreht wurde vor lachendem Livepublikum, und obwohl fürs Streaming produziert, ist jede Folge wie um Werbepausen herum strukturiert. Die »Golden Girls« als Inspiration sind dabei überdeutlich, nicht nur ob der WG-Situation. Fast scheint es, als sei selbst der Grundriss des Hauses, von der frontal ausgerichteten Couch bis zur rechterhand liegenden Küche, der gleiche wie damals.

Der Vergleich ist allerdings auch einer, der »Mid-Century Modern« zumindest anfangs schwer zu schaffen macht. An die Qualität der Dialoge, aber auch der Figurenzeichnung der »Golden Girls« ist kaum ein Herankommen. Zu oft ergeben sich die Gags hier aus forcierten Pointen statt aus echten Konversationen, und mit dem Timing der Ladies können ihre männlichen Nachfolger aller Sympathie zum Trotz nicht mithalten.

Doch nach ein paar Folgen findet die Serie in ihrer altmodischen Erzählart immer mehr zu sich selbst. Zusehends deutlich treten die Vorzüge in den Vordergrund. Der bissige Witz von Linda Lavin als jüdischem Sophia-Pendant etwa – und die berührende Weise, wie der Tod der Schauspielerin in die Geschichte integriert wird. Oder auch die erlesene Auswahl an Gaststars, von Pamela Adlon und Richard Kind bis Judd Hirsch und Rhea Perlman.

Die gesellschaftspolitisch wegweisende Progressivität der »Golden Girls« mag sich in der Vielfalt des heutigen Serienumfelds nicht ohne weiteres rekreieren lassen. Doch die Selbstverständlichkeit im Umgang mit dezidiert queeren Themen (sowie dem zugehörigen Vokabular) ist mindestens auf den zweiten Blick ein durchaus würdiger Ersatz. Am Ende ist man deswegen fast traurig, dass man sich in einer speziellen Hinsicht nicht am 80er-Jahre-Vorbild orientiert hat: denn lediglich zehn statt der früher üblichen 25 Episoden pro Staffel sind für eine klassische Sitcom, die gerade erst in Schwung kommt, einfach zu wenig.

OV-Trailer

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