Sky: »Mary & George«

»Mary and George« (Serie, 2024). © Sky Studios

© Sky Studios

In den Schlafzimmern des Adels

Historiendramen nicht nur mit wallenden Kostümen und ordentlich Patina an den Kulissen, sondern auch mit einer guten Portion Sex zu erzählen, das ist als Idee nicht ganz neu. Mit »The Tudors« hielt schon vor über 15 Jahren die Freizügigkeit Einzug ins Genre, es folgten unterschiedlich heiße Nachahmer von »Die Borgias« bis »Outlander«, und spätestens mit »Bridgerton« wurde der Blick in die Schlafzimmer des Adels selbst im Mainstream zum Alltag. Doch die Miniserie »Mary & George« ist nun doch viel mehr als bloß eine unter vielen.

Im Zentrum steht eine Mutter-Sohn-Beziehung der besonders engen Art, was sich schon erahnen lässt, als Mary Villiers (Julianne Moore) nach der Geburt bittet, die Nabelschnur nicht zu durchtrennen. Vorerst, wie sie sagt, doch auch Jahre später können sie und ihr Zweitgeborener (Nicholas Galitzine), der mit Blick auf Status oder Erbsicherung als eher nutzlos erachtet wird, nie lange ohneeinander.

Ihre enge Bindung und vor allem das gute Aussehen ihres dem männlichen Geschlecht zugeneigten Sohns will die ehrgeizige Mutter nutzen, um noch weiter in der besseren Gesellschaft aufzusteigen. Doch George Zugang zu Schlafzimmer und Einflussbereich von James I. (Tony Curran) zu verschaffen, erweist sich als leichter gesagt als getan. Denn nicht nur dessen Dauer-Lover, der Earl of Somerset (Laurie Davidson), versteht von Verschwörungen und Manipulation mindestens genauso viel.

Als Vorlage für »Mary & George« diente dem Dramatiker und »Killing Eve«-Mitautor D.C. Moore das Sachbuch »The King's Assassin« von Benjamin Woolley, und was er und das Regieteam (zu dem neben Mitproduzent Oliver Hermanus auch der Deutsche Florian Cossen gehört) nun daraus machen, ist eine spannende Gratwanderung. Weder ist die siebenteilige Serie eine schwülstige Seifenoper wie die eingangs erwähnten »Tudors« noch an eskapistischer Geschichtsrevision à la »Bridgerton« interessiert. Am ehesten erinnert sie im bösen Tonfall und dem eiskalten Bloßstellen menschlicher Abgründe wohl an Yorgos Lanthimos' Oscargewinner »The Favourite«, mit einem noch ums Vielfache gesteigerten Queerness-Faktor.

An dessen künstlerische Ambitionen reicht »Mary & George« nun zwar nicht heran, die Serie fährt aber trotzdem einige Schauwerte auf, von prächtigen Kostümen über nackte Männerkörper bis hin zu zahlreichen Szenen, die ausschließlich vom stimmungsvollen Score und der Kameraarbeit leben. In allen anderen sind derweil jede Menge Dialoge zu hören, die gerade in ihren derben Schimpftiraden vielleicht allzu sehr auf eine Zweitverwertung als Meme schielen (»Scottish sodomite semen suckers«), aber auch wieder zu flott und pointiert geschrieben sind, um keinen Spaß zu machen. Und wem das noch nicht Grund genug zum Einschalten ist: Julianne Moore als durchtrieben kalkulierende Übermutter ist einmal mehr brillant, und Nicholas Galitzine (»Royal Blue«) als ihr mindestens anfangs deutlich naiverer und zum Drama neigender Spross schlägt sich auch nicht schlecht.

OV-Trailer

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt