Kritik zu Was ist Liebe wert – Materialists

© Sony Pictures

2025
Original-Titel: 
Materialists
Filmstart in Deutschland: 
21.08.2025
L: 
109 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Celine Songs zweite Regiearbeit nach ihrem vielgelobten »Past Lives« ist weniger eine romantische Komödie als eine kluge, facettenreiche und bittersüße Abhandlung über die Liebe in Dating-App-Zeiten

Bewertung: 4
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Auf den ersten Blick mag es paradox erscheinen, dass der Berufsstand der Heiratsvermittler*innen bis heute existiert. Schließlich wird die Datingwelt längst von Apps dominiert. Doch wer es sich leisten kann, so zeigt es nun Celine Songs neuer Film »Was ist Liebe wert – Materialists«, hat das Swipen nach rechts oder links gar nicht nötig, sondern bezahlt fürs Verkuppeln gern Profis.

Lucy (Dakota Johnson) hat es auf dem Gebiet der Eheanbahnung weit gebracht, vielleicht weil sie einen recht rationalen Blick auf den Job in einer New Yorker Kuppelagentur entwickelt hat. Als sie wieder einmal zu einer Hochzeit von früheren Klient*innen eingeladen ist, ist das der beste Ort für das Anwerben neuer Kundschaft, der es bei potenziellen Partner*innen vor allem um Faktoren wie Einkommen und Größe (für Frauen) sowie Alter und Figur (für Männer) geht. 

Der smarte Private-Equity-Investor Harry (Pedro Pascal), Bruder des Bräutigams, fällt ihr entsprechend auf Anhieb als sogenanntes Einhorn unter den heterosexuellen Junggesellen ins Auge. Volles Haar, ein unübersehbar gut gefülltes Konto, und zu klein ist er auch nicht – in Lucys Branche der Hauptgewinn. Harry allerdings ist weniger daran interessiert, sie zu engagieren, als selbst mit ihr auszugehen. Mit Beharrlichkeit und Charme, aber vor allem großzügigen Dinner-Einladungen und einem luxuriösen Apartment mit Blick über Manhattan bringt er sie dazu, sich auf ihn einzulassen. 

Aber folgt Lucy wirklich ihrem Herzen oder doch eher den kalkulierten Kriterien, die sie auch im Beruf walten lässt? Dass ausgerechnet bei derselben Hochzeit auch ihr Ex-Freund John (Chris Evans) wieder in ihr Leben tritt, verkompliziert die Situation. Den hatte sie einst verlassen, weil er nicht das Zeug zur guten Partie hatte. Auch heute noch lebt er als strauchelnder Schauspieler in einer WG und jobbt als Kellner. Was nun allerdings nicht heißt, dass sie ihn ohne weiteres aus dem Kopf bekäme.

Zum Start von »Was ist Liebe wert« wurde in den USA viel darüber diskutiert, ob Song mit ihrem zweiten Film nach dem ­oscarnominierten Debüt »Past Lives« nun ­eine romantische Komödie gedreht habe oder nicht. Eine Problematik, bei der es nicht nur auf die eigenen Erwartungen an das Genre ankommt, sondern vor allem da­rauf, wie viel Toleranz für Uneindeutigkeiten man mitbringt. Denn der Regisseurin geht es mit ihrer Geschichte eher um das Aufwerfen von Fragen als um deren Beantwortung.

Von den exquisiten Locations über die Kostüme bis hin zum coolen Pop-Soundtrack bietet der Film auf den ersten Blick alles, was die Herzen von RomCom-Fans höherschlagen lässt. Ganz zu schweigen natürlich von den drei Hauptdarsteller*innen, die nicht nur unverschämt gut aussehen, sondern auch bestens miteinander funktionieren. Und auch wenn das Drehbuch frei von Gags ist, schreibt Song doch so pointiert und humorvoll, dass man aller der Story innewohnenden Bitterkeit zum Trotz immer wieder lachen muss. 

Mit viel Feinsinn gelingt es Song, weder die beiden Männer zu gegensätzlichen Klischees verkommen zu lassen noch Lucy – von Johnson famos einnehmend und wahrhaftig verkörpert – als Protagonistin allzu uneingeschränkt sympathisch zu zeichnen. Dass man diesen Figuren mit gemischten Gefühlen begegnet, trägt genau wie ein unerwarteter Einbruch von Gewalt in die heile, kommerzielle Datingwelt dazu bei, dass man sich hier permanent auf unsicherem Boden bewegt. Was nur konsequent ist, denn während Song sich Gedanken darüber macht, welche Folgen die Kommerzialisierung der Romantik und die Selbstkommodifizierung der Paarungswilligen zwischen übersteigerten Luxusidealen und verständlichem Streben nach finanzieller Sicherheit für die Liebe haben, wächst zusehends die Erkenntnis, dass Gewissheiten in Herzensangelegenheiten heute vielleicht schwerer zu finden sind denn je.

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