Sky: »Poker Face« Staffel 2
© Peacock
Mehr als zwei Jahre ist es her, dass Charlie Cale (Natasha Lyonne) erstmals als menschlicher Lügendetektor in Erscheinung trat und in »Poker Face« mit ihrer ziemlich außergewöhnlichen Fähigkeit, stets genau zu wissen, ob ihr Gegenüber die Wahrheit sagt, Woche für Woche einen neuen Mord aufklärte. Seither sind einige Serien mit exzentrisch-ungewöhnlichen Ermittlerinnen hinzugekommen, man denke an »Elsbeth« oder »The Residence«. Doch an der lässigen Ex-Kellnerin mit einer Vorliebe für Bier, Sonnenbrillen und ihren alten 1969er Plymouth Barracuda mussten sich alle messen lassen.
Nun geht die von Rian Johnson erdachte Serie endlich in eine zwölf Folgen umfassende zweite Staffel, dieses Mal von Tony Tost als Showrunner verantwortet. Am bewährten Konzept wurde nicht wirklich gerüttelt: Weiter ist Charlie rastlos durch die USA unterwegs und bekommt es pro Episode mit einem neuen Fall zu tun, bei dem das Publikum bereits im Prolog erfährt, wer die Tat begangen hat. Zumindest anfangs ist sie dabei weiterhin auf der Flucht vor der Casino-Mafia aus Nevada (nun in Gestalt von Rhea Perlman). Dass dieser Handlungsstrang nach ein paar Folgen zu einem Ende findet, ist zwar folgerichtig, raubt der Serie allerdings auch den roten Faden, der Charlies permanente Ortswechsel rechtfertigte und ihrer Geschichte Struktur gab.
Die großen Stärken von »Poker Face« sind geblieben und machen die Serie auch im zweiten Durchlauf zu einer großen Freude. Lyonne, die auch zwei Mal als Regisseurin hinter der Kamera stand, ist als Protagonistin so cool, abgebrüht und einnehmend wie wenige andere, die Dialoge haben Witz, und vor allem sind die Gaststars, mehr noch als in Staffel 1, eine Klasse für sich. Cynthia Erivo glänzt im von Johnson selbst inszenierten Auftakt in einer Mehrfachrolle, anschließend geben sich Giancarlo Esposito, Katie Holmes, John Mulaney, Richard Kind, Kumail Nanjiani, Carole Kane, Margo Martindale und Melanie Lynskey die Klinke in die Hand. Um nur einige zu nennen... Vom schematischen Konstrukt der Episoden lässt sich der »Writers' Room« dieses Mal offenkundig ein wenig einengen; erzählerisch ging es in der ersten Staffel freier und abwechslungsreicher zu. Doch das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Auch wenn nicht jeder Einfall gleichermaßen gut aufgeht (etwa ein LSD-Trip in Folge 3 oder der nicht konsequent genug umgesetzte Versuch, Charlie ein Liebesleben angedeihen zu lassen), gibt es genug Ideen, die zünden, von einem Alligator auf Drogen bis hin zu einem kleinen Schulmädchen als formidabler Widersacherin.
Noch immer zeichnet »Poker Face« aus, dass die Serie, ohne sich je allzu tief darin zu verzetteln, immer auch ein paar Einblicke gibt nicht nur in die menschliche Natur, sondern auch in US-amerikanisches Leben abseits der High Society und Großstädte. Darin unterscheidet sie sich allemal von eingangs erwähnter Konkurrenz – und macht so viel Spaß, dass man nichts dagegen hätte, Charlie Cale noch einige Staffeln lang weiterermitteln zu sehen.
OV-Trailer
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