Interview: Elizabeth Meriwether über »The Dropout«

»Wir hinterfragen die Rolle der Tech-Firmen«
»The Dropout« (Miniserie, 2022). © 2021 Hulu

»The Dropout« (Miniserie, 2022). © 2021 Hulu

Elizabeth Meriwether, geboren 1981 in Miami, studierte in Yale und an der Juilliard School, bevor sie nach Los Angeles zog, um in Hollywood Fuß zu fassen. Der Durchbruch gelang ihr mit dem Skript zum Kinofilm »Freundschaft Plus«, anschließend war sie als Schöpferin sieben Staffeln lang für die Sitcom »New Girl« verantwortlich. Nach ihrer neuen Miniserie »The Dropout« kommt im Sommer auch die Komödie »Shotgun Wedding« in die Kinos, an dessen Drehbuch sie mitschrieb

Ms Meriwether, »The Dropout« reiht sich ein in diverse andere neue Serien, die reale Geschichten erzählen, von »Inventing Anna« bis »Pam & Tommy«. Wie erklären Sie sich diesen Trend?

Das ist eine gute Frage, auf die ich keine wirkliche Antwort habe. Eine Erklärung kann ich höchstens liefern, was die Form angeht. Gerade diese in sich geschlossenen Miniserien sind natürlich wie gemacht dafür, solchen Geschichten wirklich auf den Grund zu gehen. Viele von ihnen würden gar nicht in einen klassischen Spielfilm passen, weil sie viel zu komplex sind. In »The Dropout« zum Beispiel habe ich es mir erlaubt, für Folge 4 einfach mal die Perspektive zu wechseln und mich auf die Verantwortlichen der Drogeriekette Walgreens zu konzentrieren, die Elizabeth Holmes' Produkt in ihr Sortiment aufgenommen haben. So etwas könnte man in einem Kinofilm natürlich gar nicht machen.   

Viele dieser Geschichten handeln von Betrüger*innen, von Aufstieg und Fall vermeintlicher strahlender Figuren . . .

Stimmt, auch über die Firmengeschichten von WeWork und Uber gibt es ja gerade Miniserien. Das sind natürlich sehr amerikanische Geschichten, weil wir die Vorstellung feiern, dass jemand etwas erfindet und damit zum Milliardär wird. Allerdings haben diese Narrative in den letzten Jahren ein paar Risse bekommen; inzwischen hinterfragen wir es viel häufiger, was uns diese Tech-Firmen und Start-ups erzählen. Aber auch, was sie von uns wollen und welchen Raum sie plötzlich in unserem Leben einnehmen. Was die Geschichte von »The Dropout« besonders spannend macht, ist neben der Hybris die Tatsache, dass Elizabeth Holmes eine Frau ist. Und dass es sich bei ihrer Firma Theranos eben nicht um ein reines Tech-Unternehmen handelte, sondern sie Tech mit Gesundheitsfürsorge kombinierte und also tatsächlich der menschliche Körper betroffen war. Da ging es um mehr als nur Geld, um das man gebracht wird.

Bislang waren Sie vor allem als Komödien-­Autorin tätig. Wie schwer war es, für »The Dropout« den passenden Tonfall zu finden?

Dass dies kein zweites »New Girl« wird, war mir gleich klar. Ich wollte eine dramatische Serie kreieren, aber die Absurdität dieser Welt, also des Silicon Valleys, mit einfangen. Dafür war es wichtig, Humor in die Geschichte zu integrieren, ohne Gags zu schreiben. Was ich eine ganz schöne Abwechslung fand, nachdem sich für mich acht Jahre lang alles um Pointen gedreht hat. Ich muss aber ganz ehrlich zugeben: Es gab die eine oder andere Szene, bei der die Produzenten anmerkten, dass sie etwas zu albern sei. So viel zu den Schwierigkeiten, den richtigen Tonfall zu finden. 

Konnten Sie sich trotz der realen Ereignisse künstlerische Freiheiten herausnehmen?

Auch das war für mich ein ungewohnter Balanceakt. Überhaupt war ja die Frage, was es nach dem Podcast, dem Buch und dem Dokumentarfilm noch zu erzählen gibt. Aber was bislang tatsächlich fehlte, war eine Darstellung aus Holmes' Perspektive. Dazu habe ich viel recherchiert – und am Ende alles beiseitegelegt und einfach versucht, mich in diese Figur hineinzufühlen. Uns war immer klar, dass dies eine fiktionalisierte Geschichte ist, weswegen es um mehr gehen musste als um Fakten. Gerade was ihre Beziehung zu Sunny Balwani angeht, über die wenig öffentlich bekannt ist, habe ich mir kreative Freiheiten herausgenommen. Und ob in Wirklichkeit genauso viel getanzt wurde wie in meiner Serie, weiß ich auch nicht!

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