E-Mail an... Jan Schomburg

Kurz gefragt, schnell geantwortet. Prominente über ihre Vorlieben und Filmerfahrungen
Jan Schomburg (Mite) am Set von »Der göttliche Andere«. © 2020 X Filme Creative Pool GmbH / Madeleine s.r.l. / Warner Bros. Entertainment GmbH

Jan Schomburg (Mite) am Set von »Der göttliche Andere« (2020)

© 2020 X Filme Creative Pool GmbH / Madeleine s.r.l. / Warner Bros. Entertainment GmbH

Jan Schomburg, 44, Regisseur und Autor, hat zwei Kinofilme gedreht: »Über uns das All« und »Vergiss mein Ich«, zu Maria Schraders »Vor der Morgenröte« schrieb er das Drehbuch. Sein dritter Film »Der göttliche Andere«, startet am 13. August im Kino

Der erste Film, den Sie im Kino gesehen haben?

»Asterix der Gallier«. Die bessere Geschichte ist aber, wie ich meinen ersten Arthousefilm gesehen habe. Mitten in meiner Frühpubertät kamen nämlich die Privatsender auf; da lief nachts einigermaßen unkontrolliert wuchernd Programm, von superanspruchsvoll bis »Liebesgrüße aus der Lederhose«. Wir waren in dem Alter natürlich mehr an letzterem interessiert, und als eines Nachts die Eltern eines Freundes weg waren, saßen wir in freudiger Erwartung vor dem Fernseher und sahen dann verstört: Nackte Menschen, die sich in den weißen Dünen des Death Valley suhlen. Wir dachten die ganze Zeit: Was zur Hölle ist das und wer denkt sich so was aus? Viel später begegnete mir die Szene im Kino wieder: Das war natürlich »Zabriskie Point« und ausgedacht hatte sich das Michelangelo Antonioni.

Welchen Film schauen Sie immer wieder?

Lubitschs »Sein oder Nichtsein«, Tarkowskis »Spiegel« und »... und täglich grüßt das Murmeltier«. Interessant, dass ich da den Regisseur nachgucken muss: Harold Ramis. 

Welche Fernsehserie verfolgen Sie gerade?

Ich bin nicht so der Bingewatcher, weil mir meistens irgendwann die Suchtdramaturgie auf die Nerven geht. Es fühlt sich an wie diese Phase, in der man als kleines Kind war, wo irgendjemand immer behauptet hat, er hätte ein Geheimnis, und man ist plötzlich bereit, alles zu tun, um dieses Geheimnis zu erfahren – wenn man drei Jahre alt ist. Jetzt, 41 Jahre später, möchte ich nicht alle halbe Stunde gefragt werden, ob ich denn nicht wissen möchte, wie es weitergeht, dann sage ich einfach irgendwann aus Trotz, selbst wenn die Serie superclever gemacht ist: Nö. Aber es gibt natürlich Ausnahmen. Die erste Staffel von »After Life« hat mir zum Beispiel sehr viel Spaß gemacht. 

Welcher Film hat Sie zuletzt beeindruckt?

Ich fand »Booksmart« phantastisch. Mal kurz den kompletten zeitgenössischen Feminismus- und Genderdiskurs lässig und wahnsinnig lustig im trojanischen Pferd einer Highschoolkomödie versteckt. Irre gut geschrieben, dazu sensationelles Tempo und zwei Hauptdarstellerinnen, die einen umhauen. 

Ein Film, auf den Sie sich freuen …

Auf den nächsten Film von Susanne Heinrich. Ihr Debüt »Das melancholische Mädchen« hat mich ziemlich beeindruckt. Keine Ahnung, was sie als nächstes macht, aber ich will es auf jeden Fall sehen. 

Ihr/e Lieblingsschauspieler/schauspielerin?

Aus Gründen, die nur eine ausführliche Psychoanalyse ganz ans Licht bringen könnte, sehe ich Robin Wright total gern. Sie wirkt auf mich ganz vertraut und vollkommen unerreichbar zugleich, ihr Gesicht ein komplexes, niemals zu entschlüsselndes Rätsel. 

Wer oder was ist unterschätzt?

Reflexion, zivilisatorische Triebkontrolle, vor allem aber: das Kollektiv versus den Zwang zur individuellen Selbstverwirklichung. 

Ein Lieblingsfilm, der ein bisschen peinlich ist?

»The Cutting Edge«. Ich glaube, der deutsche Verleihtitel war »Liebe und Eis«. Prolliger Eishockeynationalspieler kann wegen Augenverletzung kein Eishockey mehr spielen und wird von russischem Trainer an arrogante Eiskunstläuferin vermittelt, in die er sich nicht nur verliebt, sondern mit der auch noch Olympia gewinnt. Der Film ist echt ein bisschen doof, aber ich habe ihn mit 14 ein paar Mal gesehen, und jetzt ist er wie ein Onkel, der eine Deutschrockband hat. Man hat keine ästhetischen Kategorien dafür, es ist halt Onkel Franz – was soll man machen? 

Was sammeln Sie?

Was für eine eigentümliche Frage.  

Ihr Lebensmotto? Oder Lieblingszitat?

Für die Dreharbeiten in Rom habe ich zwei italienische Sätze gelernt, die ich mag. Der erste stammt aus Dantes »Divina Commedia«: »Considerate la vostra semenza, fatti non foste a viver come il bruti, ma per seguire virtute e conoscenza.« Bedenket, welchem Samen ihr entsprossen: Man schuf euch nicht, zu leben wie die Tiere, nach Tugend und nach Wissen sollt Ihr trachten. Den zweiten soll Baudelaire gesagt haben, auf deutsch lautet er ungefähr so: Gott hat es nicht nötig zu existieren, um allmächtig zu sein. 

Der beste Platz im Kino?

Die Filmemacher der Nouvelle Vague haben ja bekanntlich gesagt, dass man ganz vorn sitzen muss, weil da das Bild noch ganz frisch ist. Wenn man hinten sitzt, haben es so viele Leute vor einem gesehen, dass es schon ein bisschen oll und verbraucht ankommt. Ich liebe die erste Reihe, wenn die Begrenzung der Leinwand nicht mehr zu sehen ist und alles zu groß wird und zu schnell. Überwältigt werden!

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