E-Mail an... Florian Gallenberger

Kurz gefragt, schnell geantwortet. Prominente über ihre Vorlieben und Filmerfahrungen
Florian Gallenberger. Foto: Mathias Bothor (2015)

Florian Gallenberger. Foto: Mathias Bothor (2015)

Florian Gallenberger, Jahrgang 1972, Regisseur, Autor und Produzent, gewann mit seinem Abschlussfilm den Kurzfilmoscar; zu seinen Credits gehören das biografische Drama »John Rabe« und der Thriller »Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück«. Zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs läuft im Fernsehen sein Zweiteiler »Der Überläufer« nach Siegfried Lenz; die DVD erscheint bei Pandastorm

Der erste Film, den Sie im Kino gesehen haben?

Das war am 24.12.1977 der Disney-Klassiker »Aristocats«. Kino fand bei uns zuhause praktisch nicht statt. Die einzige Ausnahme war Heiligabend. Da wurden mein Bruder und ich ins Kino nach Planegg geschickt – das es leider schon lange nicht mehr gibt –, damit meine Mutter in Ruhe den Baum schmücken konnte. Mich hat der Film unglaublich fasziniert. Obwohl es ein Animationsfilm ist, habe ich die Handlung und die Figuren für vollkommen real gehalten, und ihr Schicksal hat mich noch lange beschäftigt.

Welchen Film schauen Sie immer wieder?

»Achteinhalb« von Fellini. Dieser Film über einen Regisseur, der sein Schaffen und sich selbst anzweifelt, war ein wichtiger Impuls für mich, überhaupt Filme machen zu wollen. Ich war 18, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, und die Schlussszene des großen Reigens mit allen Figuren des Films macht mich immer wieder glücklich. Die Musik von Nino Rota auch!

Welche Fernsehserie verfolgen Sie gerade?

»Better Call Saul«. Ich hatte zuletzt lange nicht die Zeit, mir eine Serie anzuschauen, denn die Produktion von »Der Überläufer« hatte mich fest im Griff. Aber jetzt, in Zeiten von Corona, habe ich etwas aufgeholt, und ich bin wirklich voll Bewunderung. Das ist so vielschichtig, reichhaltig und gleichzeitig, vor allem was die Bücher betrifft, dermaßen auf den Punkt. Großartiges Storytelling!

Welcher Film hat Sie zuletzt beeindruckt?

Da ging es mir wie vielen anderen auch: »Parasite«. Als ich aus dem Kino kam, war ich einfach nur glücklich, dass es möglich ist, so einen meisterhaften Film zu machen, der sowohl spannend als auch gesellschaftskritisch, komödiantisch und unterhaltsam, aber vor allem unglaublich poetisch ist.

Ein Film, auf den Sie sich freuen …

Darf man Werbung in eigener Sache machen? »Der Überläufer«. Ich kenne den Film zwar schon, freue mich aber trotzdem darauf, dass er nun bald läuft.

Ihr/e Lieblingsschauspieler/schauspielerin?

Da gibt es einige. Steve Buscemi, mit dem ich bei »John Rabe« gearbeitet habe, war sowohl was die Schauspielkunst anbelangt, als auch als Mensch eine unglaubliche Ausnahme und Inspiration. Aber das Gleiche könnte ich über Ulrich Tukur sagen, mit dem mich seit »John Rabe« eine enge Freundschaft verbindet. Bei den Schauspielerinnen sind es drei Namen, die mir spontan einfallen. Dagmar Manzel, Vicky Krieps und Leonie Benesch. Die sind umwerfend gut!

Wer oder was ist unterschätzt?

Der gesellschaftliche Wert des Geschichtenerzählens und dadurch die Bedeutung, die das Kino und die Filme für uns alle haben – jenseits des wirtschaftlichen Erfolgs. Menschen brauchen Geschichten, und es ist wichtig, dass es gute Geschichten sind, genauso wie es wichtig ist, gute Nahrung zu haben.

Ein Lieblingsfilm, der ein bisschen peinlich ist?

Hm... »Sissi«?

Was sammeln Sie?

Ich versuche eigentlich, nichts zu sammeln. Ich glaube, dass die materiellen Dinge, an die wir uns heften, zwar ein Gefühl vermeintlicher Sicherheit geben, aber am Ende doch nur unfrei machen.
 
Ihr Lebensmotto? Oder Lieblingszitat?

Eigentlich wollte ich »Werde der, der Du bist« antworten. Aber ich glaube, das ändert sich gerade in »Sei der, der Du bist«. Und Wolfgang Kohlhaase hat irgendwo mal gesagt: »Hören Sie niemals auf, es hört von selber auf.« Das fand ich auch sehr schön.

Der beste Platz im Kino?

Kommt natürlich auf das Kino und den Film und die Begleitung an. Aber grundsätzlich würde ich sagen: Reihe 8 Mitte. Das ist normalerweise nah genug zur Leinwand, um ganz im Film zu sein, und weit genug weg, um keine Nackenstarre zu bekommen.

»Der Überläufer« (2020)

© Dreamtool Entertainment

Im Stream (ARD Mediathek seit 1.4.)
»Der Überläufer« läuft am 8. und 10. April 2020 um 20:15 Uhr im Ersten
Die DVD erscheint am 8. Mai bei Pandastorm

Im letzten Kriegssommer 1944 will der pflichtbewusste junge Wehrmachtssoldat Walter Proska (Jannis Niewöhner) an die Ostfront zurückkehren. Aber sein Zug entgleist nach einem Sabotageakt, und er muss sich einer zermürbten deutschen Wachtruppe anschließen, die im Niemandsland der polnischen Wälder in eine verzweifelte Lage geraten ist. Proskas Begegnung mit der jungen polnischen Partisanin Wanda (Małgorzata Mikołajczak) und seine Freundschaft zu seinem Kameraden Kürschner (Sebastian Urzendowsky) lassen ihn am Sinn des deutschen Kampfs zweifeln. Als die Rote Armee näher rückt, gerät Proska in Kriegsgefangenschaft und kann sich nur retten, indem er zum "Feind" überläuft …

Meinung zum Thema

Kommentare

Herr Gallenberger,
danke für den tollen Film. Schade ohne Happy End. Habe schon lange keinen so guten Film gesehen. Wir wünschen Ihnen weiterhin ein so gutes Händchen. Herzliche Grüße Angelika und Heinz Haas

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