Venedig: Applaus gegen Korruption

76th Venice International Film Festival
Meryl Streep, Jeffrey Wright in »The Laundromat« (2019). © Claudette Barius/Netflix

Meryl Streep, Jeffrey Wright in »The Laundromat« (2019). © Claudette Barius/Netflix

Neues von Steven Soderbergh und Paolo Sorrentino beim Filmfestival in Venedig

Wenn ein Anliegen heutzutage ernst genommen werden will, dann verpackt man es am besten ins Genre der schwarzen Komödie. Dieser Film sei sehr lustig, kommentierte Hauptdarstellerin Meryl Streep ihren Auftritt in Steven Soderberghs neuem Film »The Laundromat«, der am Sonntagabend auf dem Filmfestival in Venedig Premiere feierte; aber er sei eben auch sehr, sehr, sehr wichtig. Schließlich seien Menschen dafür gestorben, die Wahrheit der »Panama Papers« ans Licht zu bringen.

Die Wahrheit über Dinge wie Steuervermeidung und -hinterziehung mittels Briefkastenfirmen und Offshore-Finanzplätze im Kino darzustellen, ist jedoch eine Herausforderung der ganz eigenen Art, schließlich sind Buchhaltungstricks zwar geheimnisvoll, dabei aber so undurchsichtig wie langweilig. Soderbergh greift nun für seine Verfilmung der Geheimnisse hinter den »Panama Papers« auf eine ähnliche Methode zurück wie vor wenigen Jahren Adam McKay mit seinem oscarprämierten Film »The Big Short«. Er lässt durch Schauspieler ein paar Schlüsselszenen nachstellen, während zwischendurch Gary Oldman als Jürgen Mossack und Antonio Banderas als Ramón Fonseca selbstironisch erklären, wer sie sind, woher sie kamen und was die Geheimnisse ihres später Schlagzeilen machenden »Rechtsdienstleistungsunternehmens« Mossack Fonseca auf Panama so sind.

Meryl Streep verkörpert die fiktionale Figur der Ellen Martin, die ihren Mann bei einem Bootsunfall verliert – und dann der Versicherung nachforscht, die nicht zahlen will. Da man sie am Telefon immer wieder abweist, setzt sie sich schließlich selbst in den Flieger nach Panama – und steht nicht nur vor einem Briefkasten, sondern gleich vor einer Postfiliale mit lauter Briefboxen.

»The Laundromat« wurde bei seiner Premiere in Venedig mit selten einhelligem Jubel begrüßt – der sehr wahrscheinlich mehr dem Anliegen als dem Film selbst galt. Leider gelingt es Soderbergh mit »The Laundromat« nicht, besser verständlich zu machen, wie Offshore-Financing nun funktioniert und warum so viele prominente Namen in den Panama-Papers auftauchen.

In geschickter Weise kanalisiert Soderbergh den Empörungswillen des Zuschauers, der sich gerne mit Meryl Streep gemein macht, die in der Schlusseinstellung als Freiheitsstatue posiert. Auch wenn die einzelnen Szenen aus China, Europa und den USA sich zu keinem Weltbild der Korruption fügen wollen, so sind sie immerhin sämtlich herausragend besetzt, mit Stars wie David Schwimmer, Sharon Stone oder Matthias Schoenarts in Kurzauftritten. »The Laundromat« macht Spaß – und da es zugleich um etwas Ernstes geht, hat man das gute Gefühl, sich wenigstens über das Richtige zu amüsieren.

Der italienische Regisseur und Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino macht es seinen Zuschauern in der Serie »The New Pope« nicht so leicht. In der Fortsetzung seiner Miniserie von 2016 »The Young Pope«, die ebenfalls in Venedig vorgestellt wurde, spielt Jude Law noch einmal den Titelcharakter, jenen jungen Papst, der die katholische Welt der Serie mit seinem Dogmatismus und seinem Konservatismus verstört.

Alles andere als die stets herzig und beherzt agierenden Priester in sonstigen TV-Serien war Jude Laws Papst kein sympathischer Held, aber er war eben auch kein Bösewicht. In der Fortsetzung nun liegt er im Koma – weshalb an seiner Statt ein neuer Papst gewählt werden muss. Auch bei diesem geht es darum, dass der Zuschauer mit der inzwischen bekannten »Entourage« des Vatikan erst herausfinden muss, was dessen wahre Absichten sind. John Malkovich spielt ihn entsprechend undurchschaubar.

Sorrentino inszeniert mit viel Lust am Dekor und an der Geste – wieder ist die Serie voll ungewöhnlicher und ungewöhnlich dekorativer Einstellungen, wie man sie von einem ehemaligen Werbefilmer erwartet. Gleichzeitig gelingt Sorrentino mit seinem Hang zur Schwülstigkeit auch etwas anderes: ein Hinterfragen sowohl der Institutionen, die sich auf so viel Prunk, Pomp und Protokoll stützen, als auch der Moralvorstellungen dahinter. Der Serie geht es dabei nicht darum, sie als flexibel zu verleumden, sondern Moral und Spiritualität als notwendig beweglich darzustellen, als Glaube, der ständig in Bewegung ist. Die Serie wird demnächst bei Sky ausgestrahlt, der genaue Termin steht noch nicht fest.

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