Kritik zu Sketch
Das Langfilmdebüt des amerikanischen Videoregisseurs Seth Worley ist ein kindgerechter Horrorfilm mit witzigen Dialogen, starken Darsteller*innen und einer ungewöhnlichen Story über Trauerbewältigung und die Macht der Fantasie
Kinder, die in Horrorfilmen auftreten, sind keine Seltenheit. Mal kämpfen sie sich als gar nicht so hilflose Helden durch die Handlung, mal sind sie selbst ziemlich unheimliche Figuren, die von den Toten auferstehen oder von etwas besessen sind. Oder sie entpuppen sich als kleine, aber umso blutrünstigere Monster. An ein Publikum unter 16 Jahren richten sich diese Filme nicht. Ein Horrorfilm für Kinder klingt also recht schräg. Mit seinem Langfilmdebüt ist Seth Worley aber genau das ziemlich gut gelungen. Erstaunlich, dass ein so progressiver Film von den erzkonservativen, meist für religiöse Inhalte verantwortlichen Angels Studios in Utah produziert wurde.
Witwer Taylor lebt mit seinen beiden Kindern Jack und Amber allein, seine Frau ist vor einiger Zeit gestorben. Irgendwie geht das Leben weiter, aber jeder in der Familie trauert unterschiedlich und vor allem für sich allein. Sorgen macht sich Taylor aber vor allem um Amber, die in jeder freien Minute zeichnet. Ihre Sujets sind ziemlich düster. Als in der Schule ein Bild auftaucht, in dem sie ein dunkles Monster mit einer Stichwaffe als Arm einen Jungen durchbohren lässt, der sie regelmäßig piesackt, muss Amber zur Schulpsychologin. Die bestätigt ihr allerdings eine gesunde Bewältigung ihrer dunklen Gewaltfantasien – schließlich sei dies viel besser, als diese in der Realität auszuleben – und schenkt ihr ein Skizzenbuch.
Durch ein Missgeschick fällt dieses in einen magischen Teich im Wald, wodurch die Kreaturen aus Ambers Imagination real werden. Real bedeutet, dass die Monster im Look lebendig gewordener überdimensionaler Kreidezeichnungen über die Stadt herfallen. Zwar sind sie kunterbunt, hinterlassen Farbkleckse und Gitzer statt Blutspuren und wirken auf den ersten Blick fast putzig. Aber ihre scharfen Zähne, Klauen oder die Fähigkeit, Augäpfel präzise herauszuschälen, sind durchaus gefährlich. Als das Chaos losbricht, sind die Kids im Kampf gegen Ambers Monster auf sich allein gestellt.
Seth Worley, der bisher Werbekampagnen, VFX-Tutorials und Kurzfilme gedreht hat und selbst Vater ist, liefert hier ein überraschend originelles Debüt ab. Zunächst ist »Sketch« so gruselig und düster, dass sich auch Erwachsene nicht langweilen. Witzige Dialoge, Situationskomik und Slapstick sorgen für Comic Relief, jede visuelle und sprachliche Pointe sitzt über Altersgrenzen hinweg. Für dieses gelungene Timing ist nicht nur der versierte Comedian Tony Hale (»Arrested Development«) in der Rolle des Vaters verantwortlich. Auch die Kinderdarsteller Kue Lawrence und Bianca Belle sowie ihr Sidekick Kalom Cox als Bowman meistern die emotionale Bandbreite ihrer Figuren beeindruckend intensiv. Diese ist komplex, und am Ende hält »Sketch« einen guten Twist in Bezug auf gesunde Trauerbewältigung bereit. Ein letzter Pluspunkt ist, dass Worley mit Amber eine starke Mädchenfigur in den Mittelpunkt stellt, die die Handlung in Gang bringt und sich als willensstarke, ziemlich coole Heldin entpuppt. Auch ihr Filmvater Taylor bekommt mit Liz (D'Arcy Carden) eine tatkräftige Schwester an die Seite gestellt, die ihn zupackend aus seiner Lethargie reißt und am Ende selbst die Motorsense im Monsterkampf schwingt.
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