Kritik zu Mission: Joy – Zuversicht & Freude in bewegten Zeiten

© Mindjazz Pictures

2021
Original-Titel: 
Mission: Joy - Finding Happiness in Troubled Times
Filmstart in Deutschland: 
21.07.2022
L: 
90 Min
FSK: 
12

Der amerikanische Regisseur Louie Psihoyos macht aus der Begegnung von Dalai Lama und Desmond Tutu ein so unterhaltsames wie lehrreiches Buddymovie

Bewertung: 4
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»Enjoy our friendship and maybe talk about joy«, antwortet Desmond Tutu auf die Frage eines Begleiters nach dem geplanten Vorhaben. Der genannte Freund ist der vier Jahre jüngere Dalai Lama, dessen 80. Geburtstag 2015 Anlass von Tutus Besuch im nordindischen Dharamsala ist, wo Tenzin Gyatso (wie er bürgerlich heißt) im Exil residiert. Mit in Tutus Entourage war auch der US-Autor Doug Abrams, der bei der Begegnung Material für sein »Book of Joy« sammelte. Ein mit fünf Kameras aufgenommenes Doppelinterview bildet auch den roten Faden des Films. Dabei wird trotz der gewichtigen Themen reichlich gekichert, auch wenn Tutu den Dalai Lama gleich zu Anfang nach Abrams Anrede als »Your Holiness« mit mahnendem Zeigefinger auffordert, vor den Kameras auch »like a holy man« zu agieren.

Auch sonst gerieren sich die beiden Nobelpreisträger gern als Lümmel von der ersten Bank. 1990 hatten sich die beiden »mischievous spiritual brothers« (schelmische Brüder im Geiste) erstmals getroffen und schnell große Affinitäten in Haltung, Humor und Engagement entdeckt. Beide hatten Schweres durchgemacht. Beide betonen, wie die Kraft zur Freude trotz widriger privater und gesellschaftlicher Kräfte als Entscheidung aus dem Inneren kommen muss. Oder wegen dieser? Erst seine von China erzwungene Flucht aus dem Potala-Palast ins Exil habe ihn vermutlich zu der welt- und geistesoffenen Person gemacht, merkt der Dalai Lama an. Und Tutu erzählt, wie er beim Aufwachsen in Armut und Apartheid innere Stärke und die Kraft zur Vergebung gelernt habe. Tutu erklärt auch das Konzept des »Ubuntu« von gegenseitiger Unterstützung in den Bantu-Gesellschaften. Andere zentrale Begriffe der Gespräche sind die Offenheit zum ständigen Lernen, Freundlichkeit und Mitgefühl als zentrale Grundlagen für das eigene Glück, das immer wieder auch in Schmerz mündet. Eine weitere wichtige Rolle im Film hat der tibetische Gelehrte und Übersetzer des Dalai Lama Thupten Jinpa Langri, der den buddhistischen Begriff des »Outlook« als ständiges Reframing unserer Wahrnehmung erklärt. Auch westliche Neurowissenschaftler stellen Forschungen zur Wirkung der Meditation vor.

Sicherlich ist das politische Konzept des Dalai Lama, aus viral über die Erdkugel wachsender Freude schließlich Weltfrieden zu schaffen, nicht erst angesichts der aktuellen Lage naiv. Dennoch setzt sich der vielfältig gestaltete Film unter der Regie von Louie Psihoyos (2009 Oscar für »The Cove«) im nicht kleinen Feld von Dokumentarfilmen zum Thema Glück und Achtsamkeit durch materialreiche historische Einschübe ab. Und selbstverständlich durch die zwei charismatischen Buddies vor der Kamera, die sich gegenseitig auch zu echten Regelverletzungen verleiten: Einmal stiftet der ehemalige Erzbischof den Dalai Lama mit einer Boogie-Vorlage zu »We Are The World« vor Tausenden Zuschauern fast zu einem ihm als Mönch verbotenen Tänzchen an. Und Tutu reicht dem Buddhisten zum Abendmahl Brot und Wein. Dafür strafen kann den am zweiten Weihnachtstag 2021 Verstorbenen nur noch Gott.

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