Kritik zu Königin von Niendorf

© Daredo Media

Joya Thome erzählt von einer 10-Jährigen auf dem Dorf, die darum  kämpft, in die Jungsbande aufge­nommen zu werden, und neugierig und unbeirrt ihren Weg geht

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Auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis feierte »Königin von Niendorf« 2017 seine Weltpremiere und wurde außerdem auf zahlreichen Kinderfilmfesten gezeigt. Das verdeutlicht den Spannungsbogen, in dem sich der Film bewegt. Er lässt sich nicht kategorisieren, weder ist er nur für Erwachsene noch ausschließlich für Kinder, und gerade das macht ihn so inte­ressant. Die »Königin« Lea ist ein 10-jähriges Mädchen, das die Sommerferien in ihrem Dorf verbringt. Ihr ganz eigener Blick auf die Welt lässt den Film zu einem Abenteuer werden, dem man sich nicht entziehen kann.

Lea stellt zu Beginn fest, dass ihre Freundinnen »alle so komisch geworden sind dieses Jahr«, soll heißen, die interessieren sich plötzlich für Tanzen und Schminken, sind also eher in der Pubertät angekommen als Lea. Sie hingegen brennt darauf, in die Jungsbande aufgenommen zu werden, denn die bauen ein tolles Floß und treiben sich immer im Baumhaus herum. Aber die Bande hat ihre »Keine Mädchen«-Regel, und um die zu durchbrechen, muss Lea zwei wirklich harte Prüfungen ablegen.

Es passiert sonst eigentlich nicht viel, wir stromern mit Lea durch Landschaften und leere Straßen, beobachten Menschen, und man fühlt sich mit dem Mädchen ziemlich verlassen auf diesen sonnenbeschienen Wegen, auf denen sich keine Menschenseele blicken lässt. Denn Nien­dorf liegt in Brandenburg, und wie in unzähligen anderen west- wie ostdeutschen Dörfern sagen sich hier Fuchs und Hase gute Nacht. Zur Schule und zum Schwimmbad müssen die Kinder in den nächsten Ort fahren. Eine Tristesse, die ihr Positives in der Unabhängigkeit hat, die die Kinder hier ausleben können.

Regisseurin Joya Thome nimmt in ihrem Spielfilmdebüt beinah schon einen dokumentarischen Blick ein, der ausschließlich Leas Sicht folgt. Sehr konsequent spielen denn auch ihre Eltern keine Rolle, die wir zwar mit ihr sprechen hören, die aber fast nie ins Blickfeld geraten. Anders als der Musiker Mark (Mex Schlüpfer), der ein altes Landgut bewohnt und dort gern in einer Badewanne im Hof in der Sonne liegt und mit Lea Eis isst. Er ist so unabhängig wie sie, ein Lebenskünstler, der jedoch am finanziellen Abgrund steht.

Der Hof gehört im realen Leben Joya Thomes Vater, dem Filmemacher Rudolf Thome. Mag sein, dass es Joya Thomes autobiografischer Blick auf dieses Dorf ist, der den Film so bemerkenswert macht. In jeder Einstellung spürt man die Empathie, mit der sie an ihr Thema heranging. So werden Regenschauer zur unmittelbaren Naturerfahrung und die Sommernächte zu lakonisch inszenierter Idylle, untermalt von Liedern zwischen Leichtigkeit und Härte. Lisa Moell spielt Lea, wie sie stoisch und ohne eine offensichtliche emotionale Regung durch den Sommer gleitet. Nur am Ende, wenn sie vornewegradelt und die Jungenclique ihr folgt, da meint man, ein feines Lächeln wahrzunehmen. Aus dem Off erklingt dazu der »Lollipop«-Song als Schlussakkord zu einer wunderbaren Ferienzeit: »Sweeter than candy on a stick«.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich war mit einer 4. Klasse in diesem Film. Sie fanden ihn unheimlich langweilig und waren entsetzt, dass fast alle Erwachsenen permanent rauchen. Die Mutprobe mit der Bahn war grenzwertig.

Meine Tochter 10, fand ihn richtig gut. Ein langsamer und intensiver Film!

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