Kritik zu Im Prinzip Familie

© Camino Filmverleih

2024
Original-Titel: 
Im Prinzip Familie
Filmstart in Deutschland: 
05.06.2025
L: 
91 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Der Filmemacher Daniel Abma plädiert in seinem behutsam beobachtenden Dokumentarfilm in der Tradition von Filmen wie »Être et Avoir« oder »Herr Bachmann und seine Klasse« für die Kraft verantwortungsvoller Pädagogik

Bewertung: 4
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Im Jahr 2008 besang Peter Fox in seinem gleichnamigen Hit sein ideales »Haus am See«. Auch wenn im Brandenburgischen vermutlich keine Orangenbaumblätter auf dem Weg liegen: Idyllisch am Ende einer Straße scheint auch das für diesen Film fokussierte Gebäude zwischen Wald und See zu liegen. Es beherbergt eine von einer nicht näher genannten Institution betriebene sogenannte Wohngruppe für knapp vorpubertäre Jungen. Und bietet sogar einen weitläufigen Spielplatz mit Klettergeräten und Bäumen direkt am Strand.

Im Haus selbst leben in Einzelzimmern etwa acht Kinder, die im Schichtdienst betreut werden: Eine Erzieherin und zwei Erzieher kümmern sich wie »echte« Eltern um alles vom morgendlichen Aufwecken bis zum Abendbrot, ums Kochen, Schachspielen, Toben, Streitschlichten, die Wäsche und den morgendlichen Transport zur Schule per Kleinbus. Dazu kommt die institutions-übliche Bürokratie mit Tätigkeitsberichten und Abrechnungen und – in Kooperation mit anderen Menschen und Stellen – die Kommunikation mit Eltern, Erziehungsberechtigten, Ämtern oder Gerichten.

Der an der HFF Babelsberg ausgebildete Regisseur (und studierte Grundschulpädagoge) Daniel Abma hatte sich seinem Sujet über viele Jahre angenähert und dann über ein ganzes Jahr lang mit Kameramann Johannes Praus in unterschiedlichsten Situationen im Haus am See gedreht. In der endgültigen Montage stehen mit Kelvin und Niklas zwei Söhne alleinerziehender Mütter im Fokus, die durch deren Alltagskämpfe selbst vor besonderen Herausforderungen stehen. Bei Kelvin, dessen Familie aus Kamerun stammt, kommt noch der ihn schwer belastende alltägliche Rassismus dazu. Ziemlich typische Fälle, meint einer der Erzieher. In ihrem Haus mit seinen stabilen Betreuungsverhältnissen versuchen sie, den Kids den emotionalen Rückhalt und die Sicherheit zu bieten, die ihnen die Familien derzeit nicht geben können – und so den Kreislauf familiärer Dysfunktionalität zu unterbrechen. 

»Zeigen, wie es funktionieren kann«, so nennt das Frau Wagner, »ohne wirklich den Charakter zu verändern, sondern jeden mit seinen Eigenheiten so zu nehmen, wie er ist.« Ihre humorvoll heitere Art ist da hilfreich. Die Männer, einer war vorher Berufssoldat, geben eher die ergänzende klare Kante, lassen den Jungen aber trotz Ansagen im Alltäglichen Freiheit bei den sie betreffenden wesentlichen Entscheidungen: etwa einem geplanten Klinikaufenthalt oder der Frage, zu welchem Elternteil sie später dauerhaft wollen. Denn nach der Rückkehr zu ihren Familien sehnen sich beide Jungen auf jeden Fall. Der beobachtend angelegte Film zeigt Aufbrüche, Rückschläge und Wiederaufbruch zwischen Tobsuchtsanfall, offenem Gespräch und einem Besuch im Straußenstall. »Im Prinzip Familie« endet hoffnungsvoll. Regisseur und Produktion betonen ihr Anliegen, die gesellschaftliche und die individuelle Bedeutung der immer noch unterschätzten und unterbezahlten Arbeit von Erziehern und Erzieherinnen bei allen Einsatzmöglichkeiten zu zeigen und aufzuwerten. Das ist ihnen bestens gelungen.
 

Meinung zum Thema

Kommentare

Ein toller Film der die Herausforderungen für die Jungs und die Erzieher.in sensibel darstellt und zeigt warum bei der Jugendhilfe jeder Euro gut angelegt ist um gesellschaftsfähige Menschen in Ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt