Kritik zu Flitzer

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Die Geburt einer neuen Sportart aus dem Geiste eines Wettverlierers: In der Komödie des Schweizer Regisseurs Peter Luisi erfindet sich ein glückloser Lehrer als Trainer für »Flitzer« neu

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»Kleider machen Leute« heißt eines der bekanntesten Werke des Schweizer Nationaldichters Gottfried Keller. In dem Film »Flitzer« lernt ein bekennender Gottfried-Keller-Verehrer die Kehrseite dieses Satzes kennen: wo sich mit Kleidern etwas kaschieren lässt, da ist die freie Entfaltung des Ichs und die Überwindung tief sitzender Ängste nur ohne Kleider möglich, genauer gesagt, als »Flitzer«, der den geregelten Ablauf eines sportlichen Wettbewerbs durch sein nacktes Auftreten auf dem Spielfeld unterbricht.

Gymnasiallehrer Näf träumt in der Schweizer Provinz seinen großen Traum: ein Museum für Gottfried Keller einzurichten. Was übrig bleibt von der von ihm durchgeführten Spendensammlung für den neuen Schulsportplatz, das soll er dafür bekommen, hat ihm der Schulleiter versprochen. Doch dann entscheidet sich das Kollegium mehrheitlich für einen Rasen »nach FIFA-Norm«. Aus der Traum.

Dann bringt ein Gespräch mit seinem Friseur Näf auf eine Idee: Kushtrim betreibt nebenbei ein illegales Wettbüro und mit einer gewonnenen Wette könnte man das finanzielle Problem ein für alle Mal lösen. So sicher ist sich Näf seines Gewinns, dass er als Einsatz 741. 000 Franken vom Konto abhebt – das Geld für den Sportplatz der Schule. Es kommt, wie es kommen muss. Näf verliert die Wette und lässt seine Schüler schon mal ausrechnen, wie seine Zukunft aussieht: bei seinem Monatsgehalt und den laufenden Fixkosten braucht er 22 Jahre, um diese Summe abzubezahlen.

Glücklicherweise gibt es noch andere Kunden des Friseurs, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld: sie verlangen nach interessanteren Wetten als auf die Spiele selber – ein Flitzer weist Näf und Kushtrim den Weg. Nach ersten Widrigkeiten errichtet Näf in einer Scheune ein Ausbildungscamp für Flitzer, die er fachmännisch schult. Die Sache läuft gut und mit jedem erfolgreichen Einsatz professionalisiert er sich noch mehr. Auf der anderen Seite rüstet auch die Polizei auf, angeführt von der strengen und ehrgeizigen Sandra Strebel, der Mutter einer ebenfalls streberhaften Schülerin Näfs. Seine Bemühungen, ihr Informationen zu entlocken, missdeutet sie als Annäherungsversuch; die beiden beginnen eine Affäre, während für sie, auch dank eines eingeschleusten Undercoverpolizisten, die Entlarvung des Kopfs der Bande, der sich Strapinski nennt, nur noch eine Frage von Tagen ist.

Strapinski ist der Name einer Gottfried-Keller-Figur, solch schöne Details gibt es viele in diesem Film, den Regisseur Peter Luisi temporeich inszeniert hat – zumal das Ende mit seiner Parallelmontage hat Hollywoodqualitäten. Vor allem aber lebt »Flitzer« (der in den deutschen Kinos erfreulicherweise in der Schwyzerdütschen Originalfassung mit Untertiteln gezeigt wird) von seiner Hauptfigur, dem sympathischen Träumer Näf, den der Schweizer Komiker Beat Schlatter als einen Mann zeichnet, der mit 56 Jahren einen Realitätsschub erlebt und zur Verwirklichung seines Traumes zunehmend Energie entwickelt, auch solche der nicht ganz legalen Art.

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