Kritik zu Drag Me to Hell

© Universal Pictures

2009
Original-Titel: 
Drag Me to Hell
Filmstart in Deutschland: 
11.06.2009
L: 
99 Min
FSK: 
16

Sam Raimi soll mal gesagt haben, seine Denktätigkeit nehme ab, wenn das Budget steigt. Hier ist er aus dem Multimillionen-Dollar-Segment wieder ins moderate Horrorkino abgestiegen. Und hat einen sehr cleveren Genrefilm inszeniert

Bewertung: 4
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Bevor er mit der »Spider-Man«-Trilogie in den Himmel der Blockbuster-Franchise-Unternehmen aufstieg, war Sam Raimi in erster Linie ein von Horrorfans geschätzter Filmemacher, geliebt für seine »Evil Dead«-Trilogie, zumal den ersten Film der Serie, mit dem er vor dreißig Jahren debütierte: Als einer der wegweisenden Splatterfilme in die Annalen des Horrorfilms eingegangen, brachte er aber auch Splatter und Slapstick augenzwinkernd zusammen. Seinen Sinn fürs Komische im Schrecklichen zeigt sich erneut in Raimis Rückkehr zum Genre mit »Drag Me to Hell«. Es ist der Film eines Mannes, der die Horrorfilmgeschichte kennt, aber nicht nur seinen gesammelten Zitatenschatz auf die Leinwand hievt, der vielmehr einem B-Film-Plot die Qualitäten eines A-Films gibt, indem er großen Wert auf die Charakterisierung seiner Figuren, zumal seiner Protagonistin, legt.

Der Schrecken kommt dabei dank vieler Schockmomente (und der Arbeit der erfahrenen FX-Make-up-Truppe von KNB) nicht zu kurz, auch wenn Raimi dem Motto »weniger ist mehr« huldigt und schon mal eine Hommage an die Kunst der Andeutung einbaut: bei einer Séance zeigt er den Schrecken einmal nur als Schatten an der Wand – eine Verbeugung vor Jacques Tourneur und Val Lewton, die dieses Verfahren vor mehr als 60 Jahren perfektioniert haben.

Der Auftakt vollzieht sich rasant und in bester B-Film-Manier, wenn es in einer stürmischen Nacht einer Zauberin nicht gelingt, einen Fluch zu bannen: Vor ihren Augen wird ein kleiner Junge von den Mächten der Finsternis hinab in die Hölle gezogen. Damit hat Raimi die Zuschauer erst mal auf seiner Seite – und lässt sich anschließend Zeit, den Alltag der jungen Bankangestellten Christine Brown zu zeigen: eine Sympathieträgerin, der man die bevorstehende Beförderung gönnt, nicht zuletzt, weil ihr neuer Kollege und Rivale sich hemmungslos bei ihrem Chef einschleimt. So gerät sie in die Zwickmühle, abwägen zu müssen zwischen dem, was sie als richtig erachtet, und dem, was ihr die Sympathien ihres Chefs bringt. Also verweigert sie einer alten Frau einen weiteren Kredit, mit dem diese die Zwangsräumung ihres Hauses am nächsten Tag verhindern könnte. Zu dumm, dass die Alte, eine Zigeunerin, sie dafür verflucht...

Schon wenn die Alte in der Bank ihr Gebiss aus dem Mund nimmt, um die angebotenen Bonbons in sich hineinzustopfen, halten sich Ekel und Belustigung die Waage. Raimi zelebriert diese Mischung perfekt, auch wenn dem Zuschauer im Folgenden das Lachen eher vergeht angesichts der Qualen, die auf Christine warten – Qualen allerdings nicht im Sinne des torture porn à la »Saw«, sondern eher wie in einer unschuldigeren Zeit.

Schon lange nicht mehr hat man mit der Protagonistin eines Horrorfilm so gelitten und gebangt. Wird Christine einmal nicht von dem Fluch verfolgt, muss sie Qualen einer anderen Art erdulden, denn die snobistische Mutter ihres Lebensgefährten macht bei einem Abendessen kein Hehl aus ihrer Verachtung für die Frau, die sie als nicht standesgemäß empfindet. So viel Alltagswirklichkeit hat man in einem Film dieser Art schon lange nicht gesehen.

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