Kritik zu Die Gesandte des Papstes

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Selbst die Kanalisation ist »erleuchtet« im Biopic um eine Nonne, die im New York des späten 19. Jahrhunderts eine karitative Struktur aufbaute

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Menschen, die überzeugt sind, die Welt sei zu klein für ihre Ideen, bleiben nicht an ihrem Platz. Francesca Cabrini jedenfalls lässt sich nicht zurückhalten. Gegen den heftigen Widerstand der Kardinäle gelingt es der jungen Nonne aus der Lombardei, sich das Gehör des Papstes zu verschaffen. Ihr Begehr ist, ein Waisenhaus in China zu gründen. Leo XIII. kann nicht umhin, fasziniert zu sein vom Feuer, das in der Unruhestifterin lodert.

Ihr Platz wäre eigentlich im Bett. Nach ärztlichem Ermessen ließe ihr die Tuberkulose noch zwei, drei Jahre. Aber irdische Maßstäbe gelten für diese Filmfigur nicht, die im wahren Leben mit 67 starb. Der Pontifex, der nicht sagen kann, wo ihr Glaube endet und ihr Ehrgeiz anfängt, wird beides für sich nutzen. Er zeigt sich als verständiger, zugänglicher Mann, den das Leid seiner Schutzbefohlenen schmerzt. Ihrem Wunsch gibt er nicht statt – so viel Souveränität muss sein –, aber in New York wird dringend ein Waisenhaus gebraucht: Go West, young woman!

Die Neue Welt erweist sich als feindseliger Ort. Italiener stehen auf der niedersten Stufe der Hackordnung, die Angehörigen vorangegangener Einwanderungswellen begegnen ihnen mit Hass und Verachtung. Cabrini und ihre Schar führen einen zweifachen Kampf, denn auch der irischstämmige Erzbischof unternimmt zunächst alles, um ihre Mission zu behindern. Der gebieterischen Anführerin käme es nie in den Sinn, sie könnte auf verlorenem Posten stehen. Sie weiß der Arroganz von Institutionen beizukommen: Stets verlangt sie, an der Spitze der Hierarchie vorzusprechen. Cabrini ist gewissermaßen Amerikanerin, bevor sie den Kontinent betritt, wird angetrieben von unerbittlicher Zuversicht.

Anders als in »Sound of Freedom«, seiner ersten Arbeit für die umtriebigen, rechtskonservativ-christlichen Angel Studios, geht Regisseur und Co-Autor Alejandro Gómez Monteverde nicht mehr ganz so freizügig mit den wahren Ereignissen um. Vielmehr passt er Historie und Figurenzeichnung eher stromlinienförmig einer erhebenden Dramaturgie an. Sein Film gebärdet sich so narzisstisch wie seine Heldin, die selbst Papstworte ausblendet, wenn sie ihrer Vision folgt. Monteverde hat keinen Blick für urbane Verhältnisse, er sieht nur das Ambiente, in dessen Zentrum er seine Protagonistin stellt. Sakralisiertes Licht umfängt sie allerorten; selbst der Kanalisation verleiht die Kamera noch Anmut. Auch die Ungeduld haben Film und Protagonistin gemein. Ankündigung und Erfüllung schließen atemlos aneinander an; Cabrini kennt die Lösung immer schon, bevor das Problem aufgetreten ist. Dieser Terror des Unverzüglichen wäre selbst in einem kürzeren Film ermüdend. Immerhin Cristiana Dell'Anna ist einnehmend in einer eigentlich monotonen Rolle, die nur flüchtige Momente des Zweifels erlaubt.

Ein Schlusstitel erläutert, dass Cabrini die größte Wohltätigkeitsorganisation der Welt aufbaute – eine Botschaft ganz im Sinne der Produktionsfirma, die Geschäftssinn und Frömmigkeit auf wundersame Weise vereint.

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