Kritik zu Der kleine Nick

© Central Film/Wild Bunch

Ein Film, von dem man sich fragt, warum es ihn nicht schon lange gibt: Die Vorlage von René Goscinny und Jean-Jacques Sempé stammt schließlich aus den 60er Jahren

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»Ich möchte die Leute später einmal zum Lachen bringen.« Das fällt dem kleinen Nick ein, als er in der Schule einen Aufsatz über seine Zukunftsvisionen schreiben soll. Diese Fragestellung bildet die Klammer des Films. Zu Beginn weiß er noch keine Antwort, weil er sich wunschlos glücklich fühlt: Er hat prima Freunde, eine nette Lehrerin und eine hinreißende Mutter, die sich oft und gerne mit seinem Vater streitet. Nicks Zuversicht für die Zukunft gerät jedoch ins Wanken, als er sich einbildet, seine Mutter bekomme ein Baby.

Zunächst heißt das, sich bei den Eltern beliebt zu machen, damit sie ihn nicht im Wald aussetzen, wie es dem kleinen Däumling passiert ist. Wenn das nicht hilft, kann man ja schon mal im Voraus planen, wie der kleine Quälgeist beiseitegeräumt wird: 500 Francs müssen her, um einen Gangster zu bezahlen, der das Baby im Wald aussetzt. Am Ende des Films haben wir viel gelacht und noch häufiger geschmunzelt über Nicks Einfälle, und auch ihm ist klar geworden, dass er der geborene Entertainer ist.

50 Jahre nach den ersten Geschichten über den kleinen Nick, der Comicfigur, die René Goscinny und Jean-Jacques Sempé gemeinsam erschaffen haben, hat auch dieser Bestseller den Weg auf die Leinwand gefunden. Vor kurzem waren bisher unveröffentlichte Geschichten um Nick wiederentdeckt worden und gaben den Anstoß, sie in einer zusammenhängenden Geschichte für den Film zu adaptieren. Die wie hingeworfen anmutenden Strichzeichnungen Sempés wären als Trickfilm für die Leinwand zu karg gewesen. Man entschied sich also, Nick ganz realistisch auf Zelluloid zu bannen. Realistisch? Nun ja, es ist ein Märchenfilm geworden; in einer zeitlosen Umgebung und ausschließlich im Studio entstanden, versprühen die Bilder das Flair eines Jacques-Tati-Films, ohne allerdings an dessen Surrealismus anzuknüpfen. Kräftige Bonbonfarben, fein aufeinander abgestimmt, prägen das Kolorit und nehmen den Zuschauer gefangen in dieser eigentümlichen Welt der Schul- und Familiengeschichten des pfiffigen Jungen. Alle Figuren scheinen wie von Sempé aufs Blatt skizziert. Die liebenswürdige Lehrerin wirkt zum Beispiel so, als sei sie direkt aus dem Buch in den Film gestiegen und hätte dazu lediglich eine winzige Metamorphose durchleben müssen. Nie amüsieren wir uns auf Kosten der Figuren, sondern es ist die Situationskomik, die uns mitreißt. Die Kinder besitzen ihren ganz eigenen Stolz und agieren so, wie sie es sich bei den Großen abgucken, das daraus erwachsende Chaos ist dann eben nicht zu verhindern.

In Frankreich existiert eine andere Definition von Kinderfilm als in Deutschland. Entweder ein Film funktioniert als Familienunterhaltung oder nicht. In Nicks Heimat haben sich über fünf Millionen Zuschauer von seinen Streichen verzaubern lassen. Wir wünschen Nick viel Glück dabei, auch hierzulande »die Leute zum Lachen zu bringen« – große wie kleine.

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