Kritik zu The Dark Knight Rises

© Warner Bros.

Zum Abschluss der Trilogie schlittert Gotham stellvertretend für die ganze westliche Welt in die Apokalypse. Und Nolans dunkler Titelheld bleibt erstaunlich lange in der Versenkung

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Der Schluss von The Dark Knight bot ein wirklich schönes Finale. Da düst Gothams Fledermausmann auf seinem breitbereiften Motorrad in jene Dunkelheit, die ihn immer schon beherbergte und definierte: ein tragischer Held, der den Kampf gewonnen, die moralische Schlacht jedoch verloren hat. Nur der Rückzug bleibt ihm, der Abschied von Cape und Maske, denn in der Rolle des Retters hat er gründlich versagt. Batmans große Zeit: vorbei.

Vermutlich hätte nicht einmal Christopher Nolan erwartet, dass diese ziemlich endgültige Entzauberung ein weiteres Sequel nach sich ziehen würde. Aber dann entwickelte sich The Dark Knight 2008 mit einem Einspiel von mehr als einer Milliarde Dollar zum gewaltigen Boxoffice-Phänomen – und es verstand sich fast von selbst, dass die frisch reanimierte Marke nun weitere Rendite abwerfen sollte. Mit dem Druck, der sich da in kreativer wie ökonomischer Hinsicht aufgebaut haben muss, sind Nolan und sein Koautor, Bruder Jonathan Nolan, recht clever umgegangen. Sie beherrschenndas Spiel mit Erfüllung und Enttäuschung von Erwartungen inzwischen ebenso souverän wie die Balance zwischen Bekräftigung und Untergraben des Mythos. Trotzdem ereilt The Dark Knight Rises das Schicksal fast aller Hollywood-Trilogien: Im letzten Akt wirkt vieles allzu vertraut und manches ein wenig bemüht.

Nolans Strategie ist offensichtlich: Sie folgt, einerseits, den Regeln der Expansion und, andererseits, den Linien eines Entwicklungsromans. Nach den Lehr- und Wanderjahren in Batman Begins, nach dem Ordnungshüteralltag und dem konzentrierten Duell mit dem Joker in The Dark Knight folgt nun die große Ensemblefehde, an der sich Batman als Rückkehrer aus dem Ruhestand beteiligt, ein widerwilliger Superheld, der mit müden Knochen ins schwarze Outfit schlüpft, weil er es noch ein letztes Mal wissen will.

Und es wird auch Zeit, denn acht Jahre nach dem Ende von The Dark Knight droht Bruce Wayne (Christian Bale) die Kontrolle über sein Leben zu verlieren. Er geht buchstäblich am Stock, sein Imperium zerbröselt und die Polizei jagt ihn immer noch als vermeintlichen Mörder. Wenn er, nach einer langen Exposition, endlich als Batman ins Geschehen eingreift, um Jagd auf den monströsen Bösewicht Bane (Tom Hardy) zu machen, unterstützt der Caped Crusader gleich wieder unfreiwillig jene, die er eigentlich bekämpft. Bei einer rasanten Verfolgungsjagd zieht er alle Aufmerksamkeit auf sich und verhilft Bane so zur Flucht. Und bereits beim zweiten Einsatz wird Batman gefangen, besiegt und demaskiert: Mit gebrochenem Rückgrat landet er in einem höhlenartigen Gefängnis, zu ewigem Leid verdammt. Auch wenn er schließlich dem Filmtitel alle Ehre machen wird: So gründlich, so vernichtend, so nachhaltig ist einem Helden kaum je das Heroische ausgetrieben worden. Die Essenz der Trilogie kommt hier deutlich zum Vorschein: das Offenlegen der Verletzungen und Schwächen eines Getriebenen; das Zerrissene, das ihn gleichermaßen zum Opfer und zum Täter macht; die Vergeblichkeit seines Kampfes gegen innere und äußere Dämonen.

Und so kommt der Film erstaunlich lange ohne seinen Protagonisten aus, während die Apokalypse in Gotham ihren Lauf nimmt. Die alten Mitstreiter – Michael Caine, Morgan Freeman, Gary Oldman – treten in den Hintergrund, dafür bildet sich ein neues Team, in dem Anne Hathaway als femme-fatale-hafte Catwoman, Marion Cotillard als Weltverbesserin und Joseph Gordon-Levitt als nobler Polizist ihre jeweilige Bestimmung noch finden müssen. Nie sah die fiktive Metropole dabei dem wirklichen New York so ähnlich, und Nolan nutzt sein Szenario mehr noch als bei den Vorgängern, um auf gesellschaftspolitische Realitäten anzuspielen. Bane und seine Kohorten gehen zunächst sehr zeitgemäß dem Kapitalismus an den Kragen; ihre erste Attacke gilt der Börse, mit revolutionären Parolen, die von Attac stammen könnten, gaukeln sie der Bevölkerung hehre Beweggründe vor, und das finale Gefecht findet in einer Straßenschlucht statt, die auch die Wall Street sein könnte. Bane ist ein Superterrorist, dessen Gefolgsleute, ohne zu murren, für die Sache zu Selbstmordattentätern werden, und es steht außer Frage, dass hier nicht nur Gotham, sondern die ganze westliche Welt am Abgrund steht. Kein Wunder, dass einer wie Batman da ein wenig überfordert ist.

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