Kritik zu Brüno

© Universal Pictures

Zuerst war er der Rapper »Ali G«, dann der Kulturforscher »Borat«; nun attackiert der britische Star-Comedian Sacha Baron Cohen in der Rolle des schwulen, österreichischer Fashion-Reporters Brüno Bastionen der Homophobie

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Schrille Karikaturen sind die Figuren und Maskeraden, in die der britische Komiker Sacha Baron Cohen so gekonnt schlüpft. In seinen TV-Shows hat er sie entwickelt, um sie dann fürs Kino in finale Undercover-Comedy- Abenteuer zu schicken. Als »Ali G« (»Ali G in da House«, 2002) war Cohen der goldkettchenbehängte Gangsta-Rapper, als »Borat« (2006) der kasachische Reporter mit Schnauzer, der zur Bildungsreise in die USA aufbricht, um »durch kulturelle Lernung von Amerika Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen «. Als Brüno ist er nun der tuntig aufgebrezelte Moderator der Mode-Show »Funkyzeit« des österreichischen Jugendfernsehens, der ein kurioses Deutsch-Englisch eher lispelt als artikuliert, und so – nachdem er eine Mailänder Modeschau ins Chaos gestürzt hat – verkündet, dass er in den USA »welt-famous« werden will: »der berühmteste Österreicher seit Hitler«.

Ali G, Borat, Brüno: drei Maskeraden, die einem Zweck dienen: der Demaskierung. Cohen stürzt sich als Borat oder Brüno derart exzessiv und provokant in Wirklichkeiten, dass seine »Opfer« ihre Borniertheiten, ihre rassistischen oder sexistischen Verbohrtheiten quasi wider Willen offenbaren. Wenn Borat antisemitische Sprüche klopft, lockt er damit sein Gegenüber aus der Reserve. Brüno provoziert mit offensiv zur Schau gestellter Schwulheit. So schafft er es, aus einem ultra-orthodoxen Viertel Jerusalems, einer Swingerparty und einem amerikanischen Militärcamp verjagt zu werden.

Einer der derzeit meistgeklickten YouTube-Clips zeigt Cohen/Brüno, wie er mit Engelsflügeln und einem silbernen Stringtanga bekleidet über dem Publikum der MTV-Movie-Awards-Show schwebt, um schließlich auf dem Rapper Eminem zu landen. Und zwar so, dass Brünos blanker Hintern geradewegs in Eminems Gesicht ragt. Hübscher Racheakt an einem Rap-Star, der sich immer mal wieder durch schwulenfeindliche Äußerungen hervorgetan hat. Eminem verlässt wütend den Saal. Einen Tag später gesteht er im Web, dass die ganze Sache verabredet und geprobt war.

Manche der Szenen in »Brüno« sehen aus, als wären sie gerade so verabredet und inszeniert. Das lässt Brüno im Vergleich mit Borat harmloser und geglätteter erscheinen. Aber egal, insgesamt bietet Cohen auch in diesem Mockumentary (Regie: Larry Charles) wieder die ihm zum Markenzeichen gewordene Mischung aus Irrwitz und Trash, aus fröhlichem Star-Bashing (Brüno serviert Latoya Jackson Sushi auf dem nackten Körper eines mexikanischen Gärtners) und peinigenden Augenblicken der Wahrheit: Bei einem Baby-Casting entlockt Brüno den Eltern haarsträubende Einverständniserklärungen. Einige der Stunts und Provokationen will man nur durch gespreizte Finger betrachten, weil sie offenkundig höchst gefährlich sind, andere sind pures Vergnügen und stellenweise genial: wenn Brüno Vertreter jüdischer und palästinensischer Organisationen an einen Tisch setzt und ihnen einen Versöhnungssong vorträllert. Da geht Cohens unnachahmliches Spiel aus Flunkerei, physischer Komik und politischer Inkorrektheit als satirische Entlarvungsstrategie am besten auf.

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