Kritik zu Alles in bester Ordnung

© Filmwelt Verleih

Die Schauspielerin Natja Brunckhorst schlägt in ihrem Langfilmdebüt, einer Liebeskomödie über sich anziehende Gegensätze, einen sanft-nerdigen Ton an

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Es kommt mitunter vor, dass der Titel eines Films eigentlich schon alles aussagt und die Richtung einer Filmkritik im Grunde vorbestimmt ist: In diesem Film ist in der Tat alles in bester Ordnung. Selbst dann, wenn uns Regisseurin Natja Brunckhorst eigentlich etwas anderes erzählen will. 

Schon in den ersten Bildern dieser Liebesgeschichte zwischen einem minimalistischen Sozialphobiker und einer sammelwütigen Sozialphobikerin stellt sich ein ästhetisch bedenklicher Ruhepuls ein. Wir sehen Fynn (Daniel Sträßer), wie er eine Leergutsortiermaschine repariert. Die Ordnung, auf die der Film sein dramaturgisches Konzept aufbaut, ist der Figur regelrecht eingestanzt. Das Pfeifen der Anlage ist das Pochen seines inneren Drangs nach Aufgeräumtheit. Nun muss der junge Mathematiker nach Köln reisen, um dort ein solches System zu reparieren. In der ihm vermittelten Wohnung kommt es allerdings zu einem Rohrbruch. Dieser treibt ihn in die Hände seiner Nachbarin Marlen (Corinna Harfouch), die sich in ihrer vollgestopften Wohnung regelrecht »verhortet« hat. Gegensätze ziehen sich selbstverständlich an und finden – wie soll es anders sein – ihre Mitte. 

Aus diesem dramaturgischen Kalenderspruch heraus entwickelt sich der Film in vorhersehbaren Bahnen: Erst verkeilen sich Fynn und Marlen, dann helfen sie sich, und schließlich kommt – auch wenn es im Film nur angedeutet wird – die Liebe dazu. Auch weil ihre Unterschiede in ein und demselben Gefühl der Einsamkeit gründen. 

Das ist die andere Offensichtlichkeit dieses Films: Alle Figuren sind einsam. Der Chef von Marlen (aus dem Ärmel geschüttelt von einem ständig traurig dreinblickenden Joachim Król) bleibt nach einem langersehnten Date mit seiner komplizierten Angestellten allein im Café zurück, nicht ohne eine Weisheit über die Liebe in die Welt zu tragen: Gerade weil Marlen unerreichbar ist, sehnt er sich nach ihr. Das wird nur noch vom ebenfalls traurigen Möbelverkäufer übertroffen, der gerne mehr Streit in seinem Leben hätte, denn dann sei man schließlich am Leben. Es ist schon erstaunlich, wie man 2022 ein Drehbuch mit derart vielen Alltagsweisheiten überhaupt noch verfilmen darf.

Paul Thomas Anderson hat mit »Licorice Pizza« gerade vorgemacht, wie man eine Liebesgeschichte mit nerdig gegensätzlichen Figuren mitreißend, temporeich und voller Überraschungen erzählt. Das liegt nicht am höheren Budget. Es liegt an der Form. Daran, dass der Film richtige Ausschläge hat, einen Rhythmus besitzt, der sich in durchaus überraschende Richtungen entwickelt, wenn beispielsweise klassische Suspense-Momente den Coming-of-Age-Film durchkreuzen dürfen. In »Alles in bester Ordnung« ist sogar noch das Chaos in Marlens Wohnung geordnet; die Bilder ordnen sich, wie so oft im deutschen Kino, lediglich der Erzählung unter, in der jedes Motiv des Drehbuchs am Ende seinen Platz gefunden haben wird. Und dazu dudelt die melancholische Filmmusik im Takt des einschläfernden Mittelmaßes die immer gleiche Melodie. Ordnung kann so langweilig sein.

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