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Der Roman war aus mehreren Gründen eine Sensation. Die Adaption der bittersüßen Kriegsromanze aus der Feder von Irène Némirovsky ist dagegen leider eher unspektakulär geraten
Wer weiß, vielleicht hätte eine Verfilmung der Entstehungsgeschichte von Irène Némirovskys Roman einen besseren Film ergeben als die Adaption, die uns nun vorliegt. Mehr als fünfzig Jahre hat das unvollendete Manuskript unentdeckt in einem Koffer überdauert, ehe es 1996 von einer Tochter der ukrainisch-stämmigen Autorin entdeckt wurde. Nur zwei von fünf geplanten Bänden der »Suite française« konnte Némirovsky vor ihrer Verhaftung 1942 fertigstellen. Noch im selben Jahr starb sie in Auschwitz. Der Roman erschien 2004 und avancierte zum gefeierten Bestseller.
Der britische Regisseur Saul Dibb, bekannt durch die ähnlich gediegene »Herzogin«, handelt den ersten Band, der die Besetzung von Paris im Jahr 1940 und den folgenden Flüchtlingsexodus schildert, gleichsam in der Titelsequenz ab. Die Geschichte konzentriert sich dann auf den zweiten, ein Jahr später in der Kleinstadt Bussy spielenden Band. Bislang hat sich der Krieg hier nur in den Nachrichten zugetragen, aber nun erreichen erste Flüchtlinge die Region und kurz danach auch die deutschen Besatzer. Konflikte sind vorprogrammiert: zwischen Siegern und Besiegten, aber auch unter den Einheimischen, die ganz unterschiedlich auf die Präsenz der Soldaten reagieren.
Im Zentrum steht die junge Lucille (Michelle Williams). Sie lebt bei ihrer ebenso strengen wie geschäftstüchtigen Schwiegermutter Madame Angellier (Kristin Scott Thomas) und wartet auf ein Lebenszeichen ihres – nicht wirklich geliebten – Mannes, der für Frankreich in den Krieg gezogen ist. Als der deutsche Offizier van Falk (Matthias Schoenaerts) im Haus der Familie einquartiert wird, reagiert Lucille weniger feindselig als die Schwiegermama. Schließlich ist der gut aussehende Feind ein kultivierter und sensibler Gast, der am Klavier eigene Stücke komponiert und Lucille überaus respektvoll begegnet.
Ein Liebesdrama also, oder besser: die Geschichte einer unmöglichen Liebe, zart, behutsam und, leider, nur maßvoll ergreifend. Es knistert nicht, wenn die Französin ganz langsam dem zurückhaltenden Charme des Deutschen erliegt – vielleicht, weil die Geschichte sehr absehbar verläuft, vielleicht, weil die Amerikanerin Williams und der Belgier Schoenaerts weder als Paar noch in ihren jeweiligen Rollen so richtig funktionieren.
Vieles wirkt klischeehaft an der verhinderten Romanze, und leider gilt das auch für die Nebenplots, die von weniger korrekten Besatzern, lokalen Geschäftemachern, verbotenem Sex und einer Ein-Mann-Rebellion handeln. Vermutlich darf man das gar nicht gegen den Stoff wenden – der wurde schlichtweg von so vielen anderen Büchern und Filmen »überholt«, dass er heutzutage gar nicht mehr originell wirken kann. Dibbs Inszenierung tut allerdings wenig, um wenigstens auf formaler Ebene Eigenes zu leisten. Sie begnügt sich mit biederer Bebilderung, mit braver Konvention, und so kommt ein Film heraus, der weder wehtut noch begeistert, sondern als solide Geschichtsstunde verstanden werden darf.