Kritik zu Lügen macht erfinderisch

© Universal Pictures

Der britische Komiker und Erfinder des »Office«-Formats Ricky Gervais imaginiert sich in seinem Regiedebüt fürs Kino in eine Welt hinein, in der niemand außer ihm lügen kann, woraus er hemmungslos Kapital schlagen will

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Komödien brauchen eine gewisse Fallhöhe des Schreckens, damit das Lachen zum richtigen Thrill werden kann. So etwas wie alte Damen, die in Eigeninitiative Euthanasie ausüben (»Arsen und Spitzenhäubchen«) oder Zeugen eines Meuchelmords auf der Flucht vor der Mafia (»Manche mögen's heiss«) oder auch ein Theaterensemble, das in den antifaschistischen Widerstand verwickelt wird (»Sein oder nicht sein«). Dass sich aber aus schrecklichen Ausgangssituationen nicht automatisch gute Komödien ergeben, dafür liefert Ricky Gervais mit seinem Kinoregiedebüt hier ein interessantes Beispiel.

Eine Welt ohne Lüge malen sich nur naive Geister als eine Welt voller ehrlicher Freude aus. Gervais braucht in seinem Film keine fünf Minuten, um glaubhaft vorzuführen, dass ohne die Fähigkeit, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen, die Erde ein Jammertal wäre. Statt sich mit Ausreden krankzumelden, würden Arbeitnehmer ihren Chefs mit »Ich hasse meinen Job« reinen Wein einschenken, hässliche Babys würden hemmungslos mit Ratten verglichen und auf die Frage »Wie geht's?« würde der Nachbar einem detailliert von seinen Selbstmordplänen erzählen. Am schwersten hätten es in einer solchen Welt ohne Täuschung, Schmeichelei und Fiktion dickliche, kleine Kerle wie Gervais selbst. Einem wie ihm gegenüber bekennt Jennifer Garner schon zu Beginn eines Blind Dates freimütig, dass sie bereits dem ganzen Abend mit Frustration entgegenschaue.

So glaubhaft deprimierend ist diese Welt, dass sich der Film davon selbst dann nicht erholt, als sich das Blatt wendet und Gervais' Figur das Lügen erfindet. Wobei nicht die mangelnde Logik – er bleibt der Einzige, alle anderen glauben ihm stets aufs Wort – das Problem ist, sondern tatsächlich die auch durch die Erfindung des Lügens nicht zu behebende Traurigkeit einer Welt, in der »Wahrheit« stets bedeutet, etwas Verletzendes zu sagen. Ehrlich gesagt, ist das einfach nicht komisch genug.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich habe den film genossen und er regt zum nachdenken an, jedoch ist es keine reine komödie und darf nicht als solche betrachtet werden. Der film kann als leichte kost geschaut werden doch bei aktivem mitdenken findet man viele spannende details die ihn zu einer wertfollen erfahrung formen.

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