Kritik zu The Guilty

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In Echtzeit erzählt der dänische Thriller von einem Polizisten, der versucht, über das Telefon einen dramatischen Entführungsfall zu lösen – und kläglich scheitert, vor allem an sich selbst

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Erbarmungslos hält die Kamera immer wieder auf ihn drauf, auf sein Gesicht, auf dem sich im Laufe der knapp 90 Minuten Schweißperlen auf Stirn und Oberlippe bilden. Auf seine Hände und das schon angeschmutzte Pflaster an einem Finger, an dem er immer wieder knibbelt. Dieser Mann steht unter Stress, ist nervös und alles andere als im Reinen mit sich.

Dieser Mann ist Asger (Jakob Cedergren), ein Polizist, der seine letzte Nachtschicht in der Notrufzentrale der Kopenhagener Polizei schiebt, bevor ihn am nächsten Tag ein Verfahren wegen eines tödlichen Schusses aus seiner Dienstwaffe erwartet. Genervt und mit einer ordentlichen Portion Zynismus nimmt er die Anrufe entgegen und lässt auch schon mal einen Mann zappeln, der sich im Rotlichtviertel hat beklauen lassen. So einen Beamten wünscht man sich als Hilfesuchenden nicht gerade.

Doch plötzlich geht der Notruf einer Frau ein, die entführt wurde. Sie sitzt in einem Auto und gibt vor, mit ihrem kleinen Kind zu telefonieren, um mit der Polizei sprechen zu können – bis das Gespräch abbricht. Plötzlich setzt Asger alle Hebel in Bewegung, schickt Streifen los, hört immer wieder in der Einsatzzentrale nach, macht die Adresse der Familie des vermeintlichen Entführers ausfindig, spricht mit der kleinen Tochter, die mit ihrem noch jüngeren Bruder allein zu Hause ist und schickt auch dort Kollegen hin. Immer wieder brechen die Gespräche ab oder laufen ins Leere – dieses ungeduldige und zugleich hoffnungslose Tuten, das in den Wahnsinn treibt.

Man könnte meinen, solche und ähnliche Thriller gibt es schon zu Genüge, der berühmteste ist wohl »The Call« mit Halle Berry. Doch der dänische Regisseur Gustav Möller macht einiges anders, er schafft eine klaustrophobische Enge in den beiden Räumen der Telefonzentrale, in der das ganze Geschehen spielt. Der einzige sichtbare Protagonist, mit Ausnahme von ein paar Kollegen, ist Asger. Und doch zeichnet Möller nach und nach klare Bilder der anderen Menschen – über die Stimmen und Gespräche.

Da ist vor allem Iben, das Entführungsopfer, das mal verzweifelt, mal ganz ruhig, dann wieder völlig wirr daherredet. Großartig, was Jessica Dinnage in diese Stimme legt und ein guter Grund, den Film im Original zu sehen. Oder das verängstigte Mädchen, das Asger zu retten versucht. Und nicht zuletzt sein Partner (Stimme: Omar Shargawi), den Asger dazu bewegt, in das Haus des Entführers einzubrechen, und der am nächsten Tag in der Verhandlung für Asger lügen will. Gerade, als der Zuschauer von den ewigen Telefonaten zu ermüden beginnt und so manche Unstimmigkeit zu entdecken meint, nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung, von denen es in dem ungewöhnlichen Kammerspiel eine ganze Menge gibt. Denn Möllers Film ist nicht nur ein großartig-minimalistischer und daher umso spannender Thriller, er ist auch eine Charakterstudie des Polizisten Asgers, der etwas gutmachen will. Und er stellt die Frage, was uns zum Handeln treibt. Es sind oft die besten Absichten, die sich dann doch ins Gegenteil verkehren.

Meinung zum Thema

Kommentare

Von der Idee halt nicht schlecht, aber.... Den Standort hätte man sehr, sehr schnell orten können, lange genug wurde ja gequatscht! Für mich Stümperhaft, schade, die Story war ansonsten gut. Der Schluss, naja, Schwamm drüber, hat den Film letztendlich versaut! Im Übrigen wären die Kollegen bei dem Ausraster (Krach und Lärm) in das Zimmer gekommen!

Von 5 Sternen 2,5!

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