Kritik zu Glass

© Walt Disney

In Shyamalans neuem Werk, in dem Superhelden therapiert werden sollen, fasst der eigenwillige Regisseur seine übernatürlichen Thriller »Unbreakable« und »Split« zu einer Trilogie zusammen

Bewertung: 3
Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)

In den 17 Jahren seit dem Thriller »Unbreakable«, in dem Comicsammler Elijah Price alias Mr. Glass einen Massenmord orchestrierte, um den überlebenden Superhelden David Dunn auszulesen, sind Supermänner und -frauen alltäglich geworden. Dank gigantischer Investitionen wurde das Genre der Comicverfilmungen zur eierlegenden Wollmilchsau des Filmbetriebs gemästet. Und wenn M. Night Shyamalan im Windschatten des Fantasy-Booms nun die Figuren aus »Unbreakable« und aus seinem Thriller »Split« von 2017 zu einer Trilogie zusammenfasst, wirkt sein Nachzüglerfilm auch wie ein Akt der Rebellion: In Shyamalans Universum gibt es null »fun«, seine Filme sind frei von jener augenzwinkernden Ironie, mit der etwa die Avengers die Welt retten.

Seine fleischgewordenen Heftchenhelden sind traurige Außenseiter und Freaks wie Kevin Crumb, der, im Banne einer multiplen Persönlichkeitsspaltung, als tollwütiges »Biest« Menschen massakriert. David Dunn, der mit seinem Sohn einen Großhandel für Sicherheitsequipment betreibt, stromert als »Vigilante« durch die Straßen, spürt Kevin auf und rettet dessen Opfer. Nach seinem Einsatz landet aber nicht nur Kevin, sondern auch David schwer bewacht in jener psychiatrischen Anstalt, in der Elijah einsitzt. Eine Psychiaterin, die sich auf Superheldenkomplexe spezialisiert hat, nimmt die drei gemeinsam ins Gebet. Sie will sie umerziehen und vom Glauben an ihre übernatürlichen Kräfte abbringen. Dr. Staples insistierendes Psycho-Blabla wird von Glass mit brütendem Schweigen kommentiert. Und keiner kann mit seinem Schweigen so viel Gänsehaut erzeugen wie Samuel L. Jackson – zumal wir wissen, dass Mr. Glass längst über einem neuen tödlichen Plan brütet.

Wieder führt Shyamalan den Zuschauer in die Irre, indem er mit seinem Markenzeichen, einem unvorhersehbaren »Twist«, die Geschichte umkrempelt. Wie gehabt verweigert er sich mit Auteur-Allüre einer Special-Effects-Show, inszeniert Actionszenen gegen den Strich und erdet seine Charaktere in einem tristen Milieu an Originalschauplätzen im heimatlichen Philadelphia. Seine Spezialeffekte sind die Darsteller: Neben Samuel L. Jackson verblüfft James McAvoy wie in »Split« durch quecksilbrige Metamorphosen; Bruce Willis ist als grauer Held im Kapuzenmantel charismatisch wie lange nicht mehr. Und vielleicht ist Dr. Staple (Sarah Paulson) eine Metapher für jene Kritiker, die ­Shyamalan vermeintlich zurechtstutzen wollen.

Dann wiederum mutet die hanebüchene Handlung besonders Zuschauern, die die anderen Filme nicht kennen, viel zu. Wenn Shyamalan mit Botschaften rund um den spirituellen Wahrheitsgehalt von Comics nervt, wünscht man ihm, wieder einmal, einen Produzenten, der ihm in den Arm fällt. Shyamalan hat es im Auf und Ab seiner Karriere indes geschafft, seine Unabhängigkeit zu wahren, und tut unter Einsatz eigener Mittel weitgehend, was er will. All diese Widersprüche machen den Reiz auch dieses Metafilms mit seinen genresprengenden Eigenwilligkeiten aus.

Meinung zum Thema

Kommentare

Sitze gerade im Kino und schaue mir „Glass“ an.
Werde vor Langeweile nicht bis zum Schluss schauen.

Wenn die Anzahl der Oscarnominierungen von der Goldenen Himbeere übertroffen werden, sagt das schon einiges über die Qualität der Arbeiten von Regisseur Night Shyamalan aus.
Hier hat er zwei in Verbindung stehende Themen bearbeitet: Größenwahn und Identitätsstörung. Er hat sich dafür drei Superdarsteller ausgesucht: James McAvoy (Kevin), Bruce Willis (David) und Samuel Jackson (Mr Glass).
Nur was er dann als kryptisches Geschwurbel auf uns ablässt, ist selten so krautig gewesen. Aus allerlei Versatzstücken müssen sich die Zuschauer selbst Persönlichkeitsbilder der drei erstellen. Kevin ist der aufgeblasene Kraftprotz Hulk, David, der mit dem Helfersyndrom und Mr. Glass (Titel!) hat alles erfunden. Zwischen den dreien agiert die hilflose Psychiaterin Dr. Staple (Sarah Paulson). Sie macht unter den absonderlichen Gestalten die unglücklichste Figur: planlos, inkompetent schwurbelt sie sich durch die Terapiestunden.
Während der ersten Hälfte versucht der Zuschauer sich auf die Handlung einen Reim zu machen, was im weiterenn Verlauf resigniert aufgegeben wird. Dann kommt Ärger auf: z.B. wie die Betreuer in ‘freier Wildbahn‘ um die Patienten herum agieren. Die Fachleute sind den Patienten ausgeliefert. Na ja!? Dabei wirkt James McAvoy als Dreikäsehoch nur lächerlich.
Regisseur Shyamalan würzt den Plot mit Weisheiten aus der Taschenpsychologie wie z.B. ‘Eltern sind der Schlüssel zum Verständnis der absonderlichen Söhne. Und als höchste aller Weisheiten verrät uns Shyamalan ‘Es darf keine Götter unter uns geben.‘
Selbst wenn man sucht, wird man keine finden. Außerdem kommen am Ende alle Probanden irgendwie um. Da ist mir die Himbeere noch zu schade. Ich vergebe die saure Gurke für diesen Murks. Wie kann man sich so eine sinnfreie Zeitverschwendung bloß antun?!

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