Seine Figuren verstehen es, keine Umstände zu machen. In seinen Filmen trennen sich die Paare unaufhörlich, machen aber nie viel Aufheben darum. Schließlich öffnen sich dadurch neue Möglichkeiten. Und irgendwie bleibt man einander ja immer noch verbunden. Martín Rejtman ist ein Meister der filmischen Konjunktion. Auf seine Lakonie ist dabei stets Verlass.
Einer der schönsten Textanfänge, die ich kenne, geht so: "Wer je eine Zwiebel geschält hat, kennt sich aus im Kino des Kanadiers Atom Egoyan." Er beseitigt Schwellenängste: Im Prinzip steht dieses Werk allen offen. Das Komplexe muss gar nicht so kompliziert sein. Warum also habe ich solche Schwierigkeiten, mir einen Reim auf seine jüngste Arbeit zu machen?
Der Feigenbaum, den ich im Frühjahr pflanzte, ist noch zu jung und klein, um einen Rückschnitt zu brauchen. Aber ein Freund, der viel davon versteht, warnte mich: Irgendwann sei er erforderlich, denn die neue Triebe würden andernfalls den alten Stamm erdrosseln. Dank dieser botanischen Fährnis gewann der Titel von Mohammad Rasoulofs Film plötzlich eine andere Bedeutung für mich.
Es gibt Sätze, die sofort einleuchten und zugleich völlig unklar sind. Nehmen wir nur einmal folgende Regieanweisung: "Ronny, sei doch mal normal!" Sie entspricht einem verständlichen Wunsch und verlangt Unerhörtes: Wie stellt ein Schauspieler das her? In den meisten Fällen ist sie wahrscheinlich ziemlich nutzlos. Dabei benennt sie das Paradoxon, dem Dominik Grafs neues Buch seinen Titel verdankt.
Wir saßen auf einem Restaurantschiff in Kreuzberg, als meinen Freund Joachim plötzlich ein Heißhunger auf Fish & Chips überkam. Sie wurden, wie es sich aus England gehört, in Zeitungspapier und mit Malz-Essig serviert. Da sein Appetit sich als überraschend stillbar erwies, bot er mir an, davon zu kosten. Er muss meinen Blick missverstanden haben, denn tatsächlich interessierte mich das Papier.
In den meisten französischen Filmgeschichten kommt Alain Jessua nicht vor. Dabei verlief seine Karriere keineswegs im Geheimen. Vielmehr verbarg sie sich in aller Öffentlichkeit. Nachdem seine ersten Regiearbeiten in den 1960er Jahren mehrfach ausgezeichnet worden waren, drehte er eine Reihe von Kriminalfilmen, die zuweilen große Kassenerfolge waren. Er arbeitete mit großen Stars wie Annie Girardot, Alain Delon, Jean Yanne, Patrick Dewaere und Nathalie Baye.
Ich glaube, in diesem Jahr habe ich noch keinen Film gesehen, der so großartig fotografiert ist wie »Die Banditen von Orgosolo« - und auch keinen, dessen Montage mich derart elektrisiert hat. Dabei kam er vor 64 Jahren heraus. Vittorio de Seta hat ihn in einem Schwarzweiß und einem Normalformat gedreht, die atemraubend sind.
Ich musste lange suchen, bis ich in seiner Kritik an eine Stelle geriet, an der ich widersprechen wollte. Tatsächlich war mir meine Zustimmung ein wenig mulmig. Im letzten Satz wurde ich endlich fündig.
Bei »Resurrection«, dem die Jury in Cannes am Samstag einen Spezialpreis verlieh, scheint es sich um eine Dystopie zu handeln. Bi Gans Film spielt in einer Welt, in der niemand mehr träumen soll. Die Menschheit hat entdeckt, dass der Verzicht aufs Träumen die Lebenserwartung erhöht.
Wenn er gewusst hätte, dass er gefilmt wird, erklärte der überraschte Angeklagte, wäre er in Anzug und Krawatte erschienen. Statt dessen trugt er nun eine Strickjacke. Offenkundig legte Adolf Eichmann großen Wert darauf, während des Prozesses zwischen Privatem und Öffentlichem zu unterscheiden.