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Gerhard Midding

Bis vor einigen Jahren verfügte der Westdeutsche Rundfunk über eine bedeutende Filmredaktion. Sie verantwortete ein anspruchsvolles, einfallsreiches und unterhaltsames Programm, dem gute Quoten beschert waren. Dokumentarfilmer aus aller Welt schätzten sie als Co-Produzenten. Es war eine Insel der Seligen, bis in den späten 90er Jahren ihr Budget massiv beschnitten wurde, weil der Sender Geld für die Seifenoper Die Arnheiner brauchte. Die habe ich mir, schon aus Protest, nie angeschaut.

Gerhard Midding

Eine ungewohnte Freiheit, die das Schreiben eines Blogs eröffnet, liegt darin, die Vokabel "Ich" ungeniert ins Spiel bringen zu können. In einer Filmkritik würde sie mir als Fremdkörper erscheinen. Ich wüsste nicht, was sie darin zu suchen hätte. Sie gibt ihrem Gegenstand Vorrang. Das Subjekt des Rezensenten muss sich nicht verbergen, aber raffinierterweise gibt es sich diskret zu erkennen.

Gerhard Midding

Was haben MGM, Don Siegel, Omar Sharif, Carlo Ponti, Charles Bronson, Sylvester Stallone und Ottokar Runze gemeinsam? Für die ersten Sechs ließen sich ohne Mühe Berührungspunkte finden; Runze hingegen erscheint auch auf den zweiten Blick als der odd man out in dieser Reihe. Wenn Sie meinen Eintrag "Schreie und Flüstern" vom 17. 4. gelesen haben, werden Sie schon ahnen, was sie verbinden könnte.

Gerhard Midding

Vor einigen Tagen stieß ich im Londoner "Guardian" auf einen Artikel, der meine Sicht der Welt wenn nicht erschütterte, so doch zumindest korrigierte. Ich hatte mich schon seit längerem damit abgefunden, dass aus dem einst bemerkenswerten Filmemacher Nikita Michalkow ein finsterer Apparatschik geworden ist. Bis dahin stand ich in dem Glauben, es genügte ihm, das russische Filmwesen in seinem festen, neo-zaristischen Klammergriff zu halten.

Gerhard Midding

Im Februar war im Magazin »Kulturzeit« auf 3sat ein Beitrag zu sehen, der von den Schwierigkeiten handelte, eine Filmreihe über den Massenmord an den Armeniern auf die Beine zu stellen. Das Katholische Bildungswerk des Bistums Mainz will sie aus Anlass des 100. Jahrestags der Deportationen zeigen. 14 Filme hatte der für die Programmreihe verantwortliche Johannes Kohl dafür ins Auge gefasst. Aber seine Suche lief weitgehend ins Leere. Nur zwei Filme waren zu diesem Zeitpunkt in zeigbaren Kopien verfügbar.

Gerhard Midding

Einmal im Jahr bedauere ich die Mitarbeiter von German Films, der Exportorganisation des deutschen Films, sehr. Dieses Bedauern fällt auf einen festen Termin und auch die Tageszeit lässt sich präzis vorhersagen: Es ist der Nachmittag nach der Pressekonferenz, auf der alljährlich in Paris das Programm von Cannes bekanntgegeben wird. Die Pressemitteilung, die German Films dann verschickt, ist meist sehr knapp.

Gerhard Midding

Am Anfang mancher Dokumentarfilme steht ein Zögern, das ich sehr mag. In dieser Spielart des Auftakts scheint nichts entschieden, sie geben die Richtung allenfalls diskret vor. Die Kamera nähert sich beispielsweise behutsam einen Schauplatz, wagt es noch nicht, ihn offensiv in den Blick zu nehmen. Er soll seine Aura erst allmählich entfalten. Einen ähnlichen Respekt lassen einige Dokumentarfilmer auch walten, wenn sie einen Protagonisten zeichnen wollen.

Gerhard Midding

Seit Anfang des Jahres trage ich ein Bild aus seinem letzten Film ständig bei mir. Es ziert eine kleine Karte, die exakt in mein Portemonnaie passt. Von Zeit zu Zeit schaue ich sie mir an. Auf der Vorderseite ist ein Brunnen aus seiner Geburtsstadt Porto zu sehen, der das Motiv des Trailers ist, den er im letzten Jahr für die Viennale gestaltet hat (mehr dazu in meinem Eintrag vom 29.10.).

Gerhard Midding

Mitunter stehe ich gern Schlange. Nicht unbedingt auf Festivals, wo alle Welt sich in einen Film drängt. Bei anderen Gelegenheiten hingegen freut es mich, wenn zahlreiche Menschen meine Neugierde auf ein kulturelles Angebot teilen. So machte mir der Regen nicht viel aus, als ich am letzten Sonntag lange vor dem Berliner Willy-Brandt-Haus warten musste, um endlich in die Ausstellung eingelassen zu werden, in der Fotos von Vivian Maier zu sehen sind.

Gerhard Midding

Auch das Metier des freischaffenden Journalisten kennt seine Rituale und Unausweichlichkeiten. Der Beruf des Filmkritikers hält zumindest eine Besonderheit bereit. Wann immer man ihn bei einer Party erwähnt, wird man augenblicklich um aktuelle Empfehlungen gebeten. Ich nehme an, das passiert Kunst-, Musik oder Theaterkritikern erheblich seltener.