Sommerberlinale [8]

»The Beta Test« (2021)

Jim Cummings' 2018er Film »Thunder Road«, in dem er einen Polizisten spielte, dessen Existenz mehr und mehr aus den Fugen gerät, war eine ziemlich schräge Indie-Komödie. Auch in seinem jüngsten Film »The Beta Test« zeichnet er für Buch, Regie und Hauptrolle verantwortlich. Beide Filme hatten ihre Weltpremiere beim Tribeca Film Fest, die Karten für »The Beta Test« waren innerhalb von 40 Minuten ausverkauft. Leider war der Film weder im März noch jetzt für die Presse zugänglich, ob er in Deutschland einen Verleih oder zumindest einen Home-Entertainment-Anbieter finden wird, ist noch offen. Für die heutige, zweite Vorführung gibt es noch Restkarten – etwas für Wagemutige oder solche, die sich für Blicke hinter die Kulissen von Hollywood interessieren. Cummings verkörpert einen Agenten, der »eines Tages per anonymem Brief zum sexuellen Stelldichein gebeten wird«. Die Berlinale verkauft das als »Polit-Horrorfilm am Rande des Nervenzusammenbruchs«. Klingt doch vielversprechend.

Off-Hollywood ist auch »The Scary of Sixty-First« von Dasha Nekrasova angesiedelt: in ihrer neuen New Yorker Wohnung erlebt eine junge Frau Albträume. Kein Wunder, hat sie doch gerade von einer Reporterin erfahren, dass der frühere Besitzer Jeffrey Epstein war (der wegen Pädophilie angeklagte Multimillionär mit prominenten und einflussreichen Freunden, der im Gefängnis Selbstmord beging – oder vielleicht ermordet wurde). Die neue Mieterin und ihre Mitbewohnerin machen allerdings auch keinen ganz gesunden Eindruck, ebenso bleibt in der Schwebe, ob die immer wieder von der Reporterin geäußerten Verschwörungstheorien ein Körnchen Wahrheit enthalten. Manch dubiose Vorkommnisse scheinen ihr allerdings Recht zugeben, wenn sie staatliche Einflussnahme vermutet. Ist das blutgetränkte Finale vielleicht auch nur ein Hirngespinst?

Was die deutschen Beiträge anbelangt, kann man schon von einem guten Jahrgang sprechen: neben Dominik Grafs ausschweifender Erich Kästner-Adaption »Fabian oder Der Gang vor die Hunde« (Kinostart: 5.8.) und Daniel Brühls hinreißendem Regiedebüt »Nebenan« (Kinostart: 15.7.)  mit messerscharfen Dialogen von Daniel Kehlmann und Peter Kurth als Gegenspieler Brühls, oder auch »Die Saat« (in der Sektion Perspektive Deutsches Kino) gilt das auch für »Je suis Karl« (Kinostart am 16.9.) von Christian Schwochow (Regie) und Thomas Wendrich (Buch), ein Familiendrama als eindringliche Warnung vor einem neuen Populismus, der hier (eher notdürftig) getarnt als neue Jugendbewegung gegen verkrustete Verhältnisse daherkommt. Jannis Niewöhner spielt den Mann, der brillant mit Worten ist, aber auch nichts dagegen hat, sich die Hände schmutzig zu machen, Luna Wedler die junge Frau, die in seine Fänge gerät.

Ansonsten stehen heute noch einmal die hier bereits empfohlenen filme »Miguel's War« und »Albatros« auf dem Programm.

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