Tiere Teil 1

Starke Frauen, wilde Jugend, Beziehungen im Alter, neben der Vielzahl der Themen, die die Berlinale abdeckt, gibt es, mehr oder weniger freiwillig, in jedem Jahr auch  merkwürdige Schwerpunkte. Haut war es vor ein paar Jahren, Wald im vergangenen Jahr und in diesem kündigt sich auch wieder ein Fokus an: Tiere, wild, domestiziert oder ganz beiläufig – schließlich geht es hier ja auch um welche. Der erste oder zweite Filmsatz, der auf dieser Berlinale gesprochen wurde, kündigte das Thema bereits an. "Mein erster Bär" rief Juliette Binoche alias Josephine Peary in Isabel Coixets Nobody wants the night erfreut aus und meinte damit nicht die begehrte Trophäe, sondern einen Eisbär, männlich, verwirrt und etwas abgemagert, den sie selbstbewusst erlegt hat. Vor allem Hunde kommen nun ins Bild, Schlittenhunde,  aber das macht noch keinen Schwerpunkt. Viel eleganter und mit ihren brünstigen Schreien auch imposanter sind die Kamele in Werner Herzogs Queen of the Desert. Ihnen kann kein arabischer Hengst den Rang ablaufen, auch wenn das ein liebesverwirrter Mann mit seinen immer wieder unpassenden Geschenken denkt. Und dann gibt es doch nochmal einen Hund und zwar einen besonderen in Andrew Haighs 45 Years. Ein wunderschöner langhaariger deutscher Schäferhund symbolisiert die Distanz, die zwischen den Eheleuten entsteht, als sie nach 45 Jahren erfahren, dass die große Liebe des Mannes im Eis der Schweizer Berge geborgen wurde. Mit jedem Spaziergang entfernt er sich weiter von seinem Frauchen. Max heißt er übrigens etwas einfallslos. Da sind die Hunde in Benoit Jacquots Tagebuch einer Kammerzofe schon eher Beiwerk und werden dann auch gegen Schluss unschuldig erschossen. Das zahme Frettchen allerdings, dass ein Adliger im ersten Moment noch abgöttisch liebt und nach dem provokativen Satz der Zofe "ich wette, das würden sie nicht essen" Sekunden später mit gebrochenem Genick in der Ecke liegt wird noch am selben Abend zu Gulasch verarbeitet werden. Dieses Tier hat einen fulminanten Kurzauftritt in dem sonst eher belanglosen Film. Ähnlich wie die Schlangen, die die Handlung von Ixcanul auf eine dramatische Spitze treiben, obwohl man sie nur einmal ganz kurz sieht. Die Vehemenz, mit denen die armen Bauern gegen sie kämpfen, um ihre Maisfelder zu retten, bestimmt den allerersten Wettbewerbsbeitrag aus Guatemala von Jayro Bustamante, bis dann ein schwangeres Mädchen gebissen wird. Doch der Film, der das Thema Tiere bislang am deutlichsten repräsentierte, lief außerhalb des Wettbewerbs. In Carolina Hellsgards Wanja kommen erst ein Rabe und dann 5 Enten in die Wohnung der haftentlassenen Protagonistin. Sie arbeitet zuerst in einer Tierhandlung, zwischen Goldfischen, Guppys, Hasen und Meerschweinchen und ihre Resozialisation endet auf einem Reiterhof. Dazwischen tanzen einmal völlig unvermittelt bestialische Derwische um ein Lagerfeuer, aber diese Kreaturen sind weder Mensch noch Tier und wahrscheinlich eh nur ein Hinweis auf den bevorstehenden Karneval. Wir aber  werden weiter nach Tieren Ausschau halten.       

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