Fahr um dein Leben!

»Mad Max« revisited
»Mad Max: Fury Road« (2015)

»Mad Max: Fury Road« (2015)

George Millers Mad Max-Filme prägten das Action­genre wie Blade Runner die Science-Fiction. Und sie machten Mel Gibson zum Star

Brauchen wir noch einen weiteren Helden? Als George Miller 1979 seinen ersten Mad Max-Film drehte, lautete die Antwort ganz klar Nein. Max Rockatansky, reduziert gespielt vom jungen, noch unbekannten Mel Gibson, ist weder cooler Rächer noch begnadeter Kämpfer – bloß ein entschlossener Cop, der mit seiner Exploitation-Lederkluft am Steuer eines hochgetunten Ford Falcon eine verdammt gute Figur macht. Ihm liegt nichts daran, den Helden zu spielen, während um ihn die Zivilisation zerbricht; erst als ihm Frau, Kind und alle Hoffnung genommen werden, kehrt er auf die Straße zurück, auf der bereits Chaos und Anarchie herrschen. Der Akt der Vergeltung hat dabei nichts Heroisches: Auf diesen gebrochenen Mann wartet keine Erlösung, sondern nur noch der blanke, endlose Asphalt des Outback.

Mad Max strotzt, wie seine beiden Nachfolger, vor purer kinetischer Energie, vor unbändiger physischer Wucht. Aber anders als in den Fortsetzungen ist George Millers Inszenierung hier noch roh und subversiv, sie liefert keine klare Orientierung über den Status der Apokalypse. Noch existiert eine Ordnungsmacht, aber die ist kaum weniger ungezügelt als die sadistischen Punkrock-Biker, die noch einmal alles aus ihren Kisten rausholen, bevor das Benzin Mangelware wird. So dominiert ein Gefühl der Irritation, und beinahe unmerklich implementiert Miller dabei die zentralen Fragen seines Action-Triptychons: Wie kann das Gute in haltlosen Zeiten überleben? Wo verlaufen die moralischen Demarkationslinien zwischen Gut und Böse? Wie viel Schuld darf einer auf sich laden im Namen des »Gesetzes«? In dieser Hinsicht ist der »wütende Max« ein Vorfahr des Polizisten Rick Grimes aus der aktuellen Kultserie The Walking Dead.

War Mad Max ein Reflex auf die Ölkrise der frühen Siebziger, so entspringt der zwei Jahre später produzierte Mad Max 2 der Angst vor der nuklearen Katastrophe. Millers Zukunftsvision erwies sich dabei als ähnlich stilbildend fürs Actiongenre – wenn nicht für die ganze Populärkultur – wie der wenig später gedrehte Blade Runner für die Science-Fiction: Mit den kunstvoll designten Vehikeln, den Sadomaso-Outfits und dem Rückfall in eine barbarische Wüstenkultur erfand der Film quasi den Look der Post­apokalypse. Die Story orientiert sich dabei eher am Western und interpretiert Max als wortkargen Mann ohne Namen, der sich nur widerwillig in den Konflikt zwischen
»Siedlern« und »Wilden« hineinziehen lässt.

Das Sequel hat nichts mehr von dem fiebrigen Undergroundgefühl des ersten Mad Max; es ist geradliniger und konventioneller, erreicht aber eine handwerkliche Meisterschaft, deren visuelle Präzision und erzählerische Ökonomie immer noch sprachlos machen. Dass Miller sein »Franchise« vorantreiben will, wird durch Mad MaxJenseits der Donnerkuppel (1985) noch deutlicher untermauert, mit dem die Trilogie in mehrfacher Hinsicht zum logischen Schlusspunkt findet. Schilderte der erste Teil den Zerfall der Gesellschaft und die Zerstörung von Max’ Existenz, zeigte Teil 2 eine zerstörte Welt, in der sich der Held vorübergehend auf die Seite der Guten schlägt. In Teil 3, in dem es um den Wiederaufbau der Zivilisation geht, wird er geläutert und erlöst, indem er sich zum Anführer einer Kinderschar macht und die neue Stadt erobert.

Spätestens hier erweist sich Miller als Moralist, der Action und Gewalt nicht um ihrer selbst willen zelebriert, sondern sie, durchaus lustvoll, als Folie für eine im Kern humanistische Heldenreise nutzt. Max wird, nachdem er sich eingangs als knallharter Gladiator bewährt hat, in diesem opulenten dritten – erstmals auch mit Mitteln aus Hollywood produzierten – Teil beinah buchstäblich wieder selbst zum Kind, ein Peter Pan, der die Dystopie in Utopie verwandelt. Kein Wunder, dass das Reboot irgendwo zwischen Part 1 und 2 angesiedelt ist und nicht an dieses Ende anschließen mag, zu dem Tina Turner den passenden Song singt: »We Don’t Need Another Hero«.

Die Trilogie im TV

Mad Max (1979) am Mo., den 11. Mai um 22:35 Uhr auf Kabel eins

Mad Max 2 – Der Vollstrecker (1981) am Fr., den 8. Mai um 22:55 Uhr auf RTL 2

Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel (1985) am Mo., den 11. Mai um 20:15 Uhr auf Kabel eins

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