Der deutsche Film leidet an seinem Mainstream

»Head Full of Honey« (2018). © Warner Bros. Pictures

»Head Full of Honey« (2018). © Warner Bros. Pictures

Unsere "steile These" des Monats November

Geschätzt alle Vierteljahre holt irgendein ­Medium zu einem Rundumschlag gegen ­den deutschen Film aus. Zuletzt war auf »Spiegel Online« etwas von der »Blase der bedeutungslosen Bedeutsamkeit« im deutschen Film zu lesen – wenn auch nur auf der Basis von zwei Filmen. Geschenkt. Mitunter macht man es sich da dann aber doch zu einfach im Tagesgeschäft. Jetzt soll nicht der grundsolide Marktanteil des deutschen Films angeführt sein, auf den Förderer und Politiker immer verweisen und der sich auf ein Viertel beläuft. Nein: Der deutsche Film funktioniert ästhetisch und thematisch – wenn auch nur im niedrig budgetierten Bereich. Selten sind so viele erstaunliche, verstörende und mutige Debüts ins Kino gekommen wie in den letzten Monaten, viele von Regisseurinnen übrigens, und zuweilen sogar ohne jede Förderung entstanden wie der großartige »Frau Stern«. Oder nehmen Sie »Systemsprenger«: ein »kleiner« Film, aber einer, über den jeder spricht. Und den die Filmwirtschaft, endlich mal eine kluge Wahl, für das Rennen um den Auslandsoscar ein­gereicht hat.

Der deutsche Film funktioniert dagegen nicht in den höher budgetierten Produktionen, mit denen er Kasse machen soll. Weder ästhetisch noch inhaltlich noch bei den Zuschauern. Nicht immer ­geht die Gleichung »Bestseller + gute Regisseurin = Kassen­magnet« auf wie bei »Der Junge muss an die ­frische Luft«. Es ist wie in den 50er Jahren: Der deutsche Mainstream ist im Ausland nicht vermittelbar. Zum Beispiel »Klassentreffen 1.0.« Ein pennälerhaft ­zotiges Missvergnügen, mit dem verglichen die gute alte ­»Feuerzangenbowle« ein subtiles Humorfeuerwerk ist. Fast schon tragisch: »Klassentreffen« ist gleich als ­Trilogie geplant. Oder »Der Fall Collini«: So pompös und dämonisch ist in den letzten Jahren selten ein Nazi in Szene gesetzt worden. Oder »25 km/h«, die Reise zweier Brüder auf ihren Mopeds: Die Dreharbeiten haben sicher Spaß gemacht, aber die Filmkunst wird das nicht weiterbringen. Immerhin hatten die drei Filme noch ganz ordentliche Zahlen. Aber bei Schweigers Eigenremake »Head Full of Honey« rentierte sich das Zählen schon nicht mehr – auch nicht in den USA, wo der Film zuerst gestartet war.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt