Kritik zu 15 Liebesbeweise
Endlich schwanger – und nun? In dieser sanften französischen Komödie wird durchdekliniert, welche Herausforderungen zwei miteinander verheiratete Frauen und zukünftige Mütter stemmen müssen
Im April 2013 wurde in Frankreich die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt. Ein Jahr später freuen sich Céline und die schwanggere Nadia auf ihr erstes Kind. Sie haben gleich nach dem Erlass des Gesetzes geheiratet, um ohne Scherereien eine Familie gründen zu können. Dennoch muss Céline das Prozedere der Adoption in Angriff nehmen, um ebenfalls das Sorgerecht für das Kind zu bekommen. Die beiden seien als zukünftige Eltern in einer gleichgeschlechtlichen Ehe Pionierinnen, erklärt die Anwältin und rattert atemlos die bürokratischen Anforderungen herunter, die Céline erfüllen muss.
Regisseurin Alice Douard schöpft in ihrem ersten Langfilm aus den Erfahrungen, die sie selbst als nichtbiologische Mutter in ihrer gleichgeschlechtlichen Ehe gemacht hat. Hier das ohnehin angstbesetzte Warten auf die Geburt, dort die Institution, die mit ihren lebensfremden Gesetzen zusätzlichen Stress bereitet: Leicht hätte dieser Film eine bittere Anklage gegen die unsichtbare Gewalt der Bürokratie und gegen konservative Verstocktheiten sein können – oder als filmpädagogisches »How to« langweilen. Statt als Drama erweist sich die filmische Schilderung des Countdowns vom siebten Monat bis zum glucksenden Baby jedoch als ein pikareskes Abenteuer mit Hochs und Tiefs, leichtfüßig changierend zwischen Humor, heulendem Elend, Zuversicht, und ohne Angst vor Tabus.
Gerade der bürokratische Zwang, die Befähigung zur Adoption mittels 15 handgeschriebenen Briefen von Angehörigen und Freunden nachzuweisen, erweist sich als Katalysator einer inneren Wandlung. Im Zentrum steht Céline, gespielt von der schweizerisch-französischen Schauspielerin Ella Rumpf, die zuletzt in der Mathematiker-Romanze »Die Gleichung ihres Lebens« ihr stilles Charisma bewies. Als Tontechnikerin und DJ ist Céline selbstbewusst, ansonsten aber scheu: ein Mensch mit heimlichen Baustellen. Während Nadia in ihrer Schwangerschaft die erwarteten Krisen durchmacht, muss sich Céline für den erwünschten Brief der schwierigen Beziehung zu ihrer meist abwesenden Mutter, einer berühmten Pianistin, stellen. Zusätzlich durchlebt sie das Dilemma, Mutter zu werden, ohne schwanger zu sein, also einen Platz zu besetzen, der traditionell Vätern zugedacht ist. Und doch wird dieses Kind nicht von ihrem eigenen Fleisch und Blut sein. Dabei hat Nadia, die als Zahnärztin das Haupteinkommen der zukünftigen Familie bestreitet, die traditionelle Ernährerrolle inne. Doch wer ist eigentlich der biologische Vater?
Wie nebenbei poppen in Gesprächen mit Freunden und Familie Fragen auf, die durchaus ans Eingemachte gehen. In einer alltagskomischen Szene muss im Zuge der Geburtsvorbereitung ein verlegener junger Arzt beide Frauen nach Erbkrankheiten befragen. Und wenn ein Freund Céline zum Babysitten nötigt, hat das einen leicht boshaften Touch, im Sinne von: Da musst du von jetzt an durch. Das Milieu, sehr pariserisch und »Bobo«, wirkt dank der lebensnahen Inszenierung nie klischeehaft. Die beschwingte Stimmung erinnert an die Klassiker der Nouvelle Vague und atmet Freiheit und Lebensfreude.





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